EVG-Verkehrsausschuss: Die Schiene bleibt weiter auf der Strecke

Die aktuelle Verkehrspolitik der Bundesregierung läuft Gefahr, keine der im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele zu erreichen. Das ergibt eine Auswertung der aktuellen Finanzplanungen des Bundes für die Schiene. Sie wurde in der vergangenen Sitzung des Verkehrsausschuss der EVG präsentiert. Das Gremium vereint Expertinnen und Experten aus allen EVG-Landesverbänden mit wechselnden Gästen. Sie kommen mehrmals im Jahr zusammen.

Aber nicht nur am Geld hapern die Fortschritte. Nach drei Monaten 9-Euro-Ticket steht es zudem um die Kraft und Gesundheit der Beschäftigten miserabel. Zugmaterial und Infrastruktur ächzen so laut wie nie. „Bei Tiertransporten in diesem Ausmaß wäre das Veterinäramt sofort eingeschritten“, bringt Stefanie Nüßlein, Zugbegleiterin der DG Regio Aschaffenburg ihre Erlebnisse der vergangenen drei Monate mit dem 9-Euro-Ticket auf den Punkt. Viele Beschäftigte wurden durch diese Dauerbelastung arbeitsunfähig. Auch Loks, Waggons und Schienen litten mehr als sonst. „Wir fahren seit Ende Juli häufig mit Fahrzeugen ohne Klimaanlage, Federn oder Drehgestelle können nicht ausgetauscht werden“, beschreibt Benedikt Rothlauf, Lokführer DB Regio Unterfranken. Es fehlt an Ersatzteilen und Werkstattpersonal. 

Das 9-Euro-Ticket hatte aber positive Effekte erzielt, wie beispielsweise das einfache Reisen ohne Tarifdschungel bundesweit oder die Klimawirkung von 1,8 Mio. Tonnen eingespartem CO2. Dennoch zeigte es dem System Schiene sehr deutlich seine Schwachstellen auf. „Wäre das 9-Euro-Ticket anständig vorbereitet gewesen, hätte es weniger Chaos gegeben“, stellt Gewerkschafts-Vize Martin Burkert fest. „Wir werden alle Ideen einer Nachfolgeregelung intensiv begleiten und stellen uns als erstes immer vor die Beschäftigten.“ Wichtig sind neben einem bezahlbaren Preis und einfachen, transparenten Tarifen, dass dringend in Personal, Fahrzeuge und Infrastruktur investiert werden muss. 

Politischer Gast der Onlinesitzung war der Bahnpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Bernd Riexinger. Er sieht nach der enormen Resonanz auf das 9-Euro-Ticket große Chancen für mehr Investitionen in die Schiene. „Die Bahn muss massiv ausgebaut werden, um die gewünschte Verkehrsverlagerung auf die Schiene zu erreichen“. Zugleich sei es für ihn skandalös, dass die Bundesmittel für den Schienengüterverkehr auch bei der aktuellen Bundesregierung gekürzt werden. „Die Verlagerung der Güter auf die Schiene ist dadurch gefährdet“. 

Weitere Sorgenkinder, die den Themenalltag der EVG beherrschen ist der Deutschlandtakt, DAS zentrale Projekt, mit dem bundesweites Bahnreisen schneller, pünktlicher und einfacher werden soll: „dafür ist momentan kein Euro finanziert“, resümiert Martin Burkert. Auch die letzte getroffene Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für die Instandhaltung des Schienennetzes wurde unter ganz anderen Inflationsannahmen vereinbart und ist jetzt unterfinanziert. „Wir bleiben dran!“, so Burkert.