EVG fordert weiteres Entlastungspaket, „das schnell, sozial ausgewogen und nachhaltig ist“

Die EVG fordert angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten ein weiteres Entlastungspaket, „das schnell, sozial ausgewogen und nachhaltig ist.“ So der Stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft, Martin Burkert, nach einer Sitzung des Bundesvorstandes der Gewerkschaft.

„Vor allem muss dieses sorgfältiger gearbeitet sein als die bisherigen. Es dürfen nicht wieder ganze Bevölkerungsteile wie Rentner:innen und Studierende vergessen werden. Dafür hat die Bundesregierung ausreichend Zeit gehabt, einen weiteren unüberlegten Schnellschuss brauchen wir nicht.“

Zum großen Teil könne das Entlastungspaket aus einer Übergewinnsteuer finanziert werden. „Es ist für weite Teile der Bevölkerung nicht nachvollziehbar, dass Unternehmen von der aktuellen Krise noch profitieren, während Privathaushalte darum bangen müssen, ob sie ihre Stromrechnung noch bezahlen können. Diese Extraprofite müssen dringend abgeschöpft werden.“ 

Teil einer nachhaltigen Entlastung der Bevölkerung müsse auch ein bezahlbarer ÖPNV sein. „Das 9-Euro-Ticket hat gezeigt, dass attraktive und kostengünstige Angebote auch angenommen werden. Pendlerinnen und Pendler sind deutlich entlastet worden“, so Burkert weiter. „Für eine Anschlussregelung muss aber berücksichtigt werden, dass der ÖPNV momentan auf einen solchen Ansturm von Fahrgästen nicht vorbereitet ist. Hier muss dringend in Personal, Fahrzeuge und Infrastruktur investiert werden.“ Deshalb sei ein bundesweit gültiges 365-Euro-Ticket ein guter Zwischenschritt, bis ein kostenloser ÖPNV möglich wird. „Entscheidend ist aber auch, dass nicht nur die Kund:innen profitieren, sondern dass es auch faire Bedingungen für die Beschäftigten gibt.“

„Wichtig beim ÖPNV ist auch die Transparenz und Einfachheit der Angebote“, so der EVG-Vize weiter. „Die aktuelle Kleinstaaterei bei den ÖPNV-Tarifen muss aufhören, das ist eine der entscheidenden Lehren aus dem 9-Euro-Ticket.“

Ein wichtiges Thema der Bundesvorstandssitzung war auch unabhängig vom 9-Euro-Ticket die aktuelle Personalsituation bei den Eisenbahnunternehmen. „Der Fachkräftemangel ist Realität. Die Personaldecke ist überall auf Kante genäht, die Leute gehen auf dem Zahnfleisch.“ Burkert forderte von den Arbeitgebern, „nun endlich klare Maßnahmen zu entwickeln, wie die Situation nachhaltig entspannt werden kann. Dazu gehören gute Arbeitsbedingungen, mehr Wertschätzung und auch eine bessere Bezahlung. Ansonsten erleben wir bald eine Personal-Inflation, bei der die Leute einfach in Branchen wechseln, wo sie sich besser aufgehoben fühlen.“

Der EVG-Bundesvorstand befasste sich auch mit der bevorstehenden Tarifrunde 2023. Als Gast setzet sich der Tarifexperte Reinhard Bispinck mit der Frage auseinander, ob es, wie immer wieder behaupte, eine „Lohn-Preis-Spirale“ gibt, die dazu führt, dass hohe Lohnsteigerungen automatisch auch zu steigenden Preisen führen und somit die Inflation noch weiter anheizen. Klare Antwort: Eher müsse von einer „Preis-Lohn-Spirale“ gesprochen werden. „Es geht um Löhne, Preise und Profite“, so Bispinck. „Preissteigerungen müssen nicht zwangsläufig die Folge von steigenden Lohnkosten sein. Das ist kein Naturgesetz und es gibt für die Unternehmen kein Grundrecht auf eine stabile Gewinnmarge.“ 

Anhand ausführlicher Analyse zeigte der Tarifexperte auf, dass wir aus einer Phase der tarifpolitischen Defensive kommen. Der Verteilungsspielraum ist in den vergangenen Jahren nicht ausgeschöpft worden. „Aus diesen Zahlen lässt sich die Forderung nach Lohnzurückhaltung jedenfalls nicht herleiten."

Das DGB-Konzept für einen Energiepreisdeckel findest du hier.