Abellio NRW Notvergabe: Übergang geräuschlos, aber auf vollen Touren

Der Countdown läuft. In gut drei Wochen wird es Abellio NRW nicht mehr geben. Grund 1: Das Unternehmen ist Pleite. Grund 2: Die ruinösen Vergabepraktiken von Bestellern und Betreibern.

Die, die am allerwenigsten Anteil an dem Desaster haben, sollen von der Notübernahme auch am wenigsten spüren: die rund 1080 Abellio-Beschäftigten und die etlichen Fahrgäste auf den Linien des Pleite-Unternehmens.

Wofür sonst Bahnunternehmen zwei Jahre Planungsvorlauf haben, dafür müssen jetzt 6 Wochen genügen. Deswegen gibt es bereits in Abstimmung mit den Aufgabenträgern einen Übergangsfahrplan mit eingeschränktem Angebot bis Ende Februar.

Alle EVU sind sich geschlossen darüber einig, die Einschränkungen in Folge des Übergangs für die Fahrgäste so gering wie möglich zu halten. „Hier ziehen DB Regio, National Express, VIAS Rail an einem Strang“, sagt Christian Drelmann, Leiter der EVG-Geschäftsstelle Hamm. „Traurig ist, dass es überhaupt soweit kommen musste“.

Ab dem 1. Februar werden das S-Bahn-Netz Rhein-Ruhr und das Ruhr-Sieg-Netz im Rahmen einer Notvergabe neu betrieben. DB Regio NRW, DB Regio Westfalen, National Express und VIAS Rail werden einspringen. In Zahlen heißt das: 15 Linien ODER gut 200.000 Zugfahrten pro Jahr ODER umgerechnet rund 21 Mio. Zugkilometer, die die vier Unternehmen zusätzlich aus der Hüfte stemmen müssen. Das gesamte Volumen verteilt auf fünf Nordrhein-Westfälische SPNV-Netze, mit Verkehrsleistungen auch in die benachbarten Bundesländer und ins Nachbarland Niederlande.

Seit wenigen Tagen, mit Beginn des neuen Jahres, werden die Abellio-Beschäftigten in die drei übernehmenden EVU eingeführt. Begleitet wird der Prozess parallel von der EVG und ihren Betriebsräten. Seit langem mahnen wir die schwammigen Vergabepraktiken der Aufgabenträger an und fordern deutliche Nachbesserungen. „Geiz ist geil“ kann für niemanden die Lösung sein.

Abellios Probleme stehen beispielhaft für den wirtschaftlichen Schlingerkurs des gesamten SPNV. Grund: Seit gut 20 Jahren vergeben die Länder Strecken und ganze Netze an den billigsten Anbieter. Das rächt sich nun. Wir als EVG bedauern das sehr, sehen uns aber zugleich darin bestätigt, dass wir mit unserer Forderung nach besseren Vergaberegelungen richtig liegen. 

Mehr zum Thema „SPNV: mobil oder marode“ in der kommenden Ausgabe der imtakt.