Erfolgreiche Bahnpolitik braucht klare Ziele

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft lässt keine Gelegenheit aus, für den integrierten Konzern und gegen eine Trennung von Netz und Betrieb einzutreten. So auch im Rahmen einer Anhörung des Verkehrsausschusses des Bundestages. Denn leider liegen im Bundestag erneut Papiere auf dem Tisch, u.a. von der CDU/CSU, die genau diese Trennung fordern.

„Durch eine Trennung von Netz und Betrieb würden viele gute und tarifgebundene Arbeitsplätze im DB-Konzern, insbesondere auch bei den Dienstleistern gefährdet“, stellte gleich zu Beginn der EVG-Vorsitzende Martin Burkert klar. „Der integrierte Konzern sichert durch seinen konzernweiten Arbeitsmarkt Arbeitsplätze und die berufliche Mobilität der Beschäftigten.“ Im integrierten Konzern könnten „die vorhandenen Möglichkeiten sozialverträglicher Personalentwicklung auf Dauer gesichert und weiterentwickelt werden.“ 

Entscheidend für einen besseren Schienenverkehr in Deutschland sei der Zustand der Infrastruktur, so Martin Burkert weiter. „Um die Eisenbahn in den nächsten Jahren nach vorn zu bringen, braucht es vor allem eine langfristige, auskömmliche, effektive und langfristige Finanzierung der Schieneninfrastruktur.“ Nur so könne „der enorme Sanierungsstau effektiv und schnell abgebaut werden. Die Trennungsdebatte lenkt von den großen, realen Problemen der Eisenbahn- und Verkehrspolitik ab und behindert ihre Lösung.“

Wichtige Perspektiven steuerte ein weiterer Sachverständiger bei: Roman Hebenstreit, Vorsitzender unserer österreichischen Schwestergewerkschaft vida. Bei allen Kennziffern – Pro-Kopf-Investitionen in die Infrastruktur, Pünktlichkeit, Modal Split im Güterverkehr – steht unser Nachbarland besser da als Deutschland. Der Grund ist für Roman klar ersichtlich: „Für eine erfolgreiche Bahn braucht es in erster Linie verkehrs- und auch gesellschaftspolitische Ziele. Wir haben uns in Österreich entschieden, größtmögliche Mobilität zu ermöglichen und die Bahn zum Rückgrat des öffentlichen Verkehrs zu erklären.“ Es seien allerdings hierfür nicht nur Investitionen erforderlich, sondern auch Controlling „und Fachwissen schadet sicherlich auch nicht.“ Der zielorientierte Ausbau der Eisenbahn, zwischen Bund und Ländern abgestimmt, wird in Österreich durch einen Rahmenplan abgesichert, der die Finanzierung für jeweils sechs Jahre garantiert. So steht schon heute fest, dass der Staat bis 2028 insgesamt 29,4 Milliarden Euro in Schienen und Fahrzeuge investieren wird, das sind 6,6 % des Bruttoinlandsproduktes. 

Roman Hebenstreit gab noch weitere Einblicke in die österreichische Bahnpolitik. 2005 gab es auch in unserem Nachbarland eine Diskussion über die Trennung von Netz und Betrieb und auch über die Privatisierung von Lehrwerkstätten und Werkswohnungen. Die Debatte mündete „in ein klares Bekenntnis zum integrierten Konzern“. Dazu gehöre auch „die Größe, politische Fehler zu korrigieren.“ Denn tatsächlich wurden innerhalb der Infrastruktursparte Bau und Betrieb getrennt „mit dem Ergebnis, dass sich beide Bereiche separat ausoptimiert haben“. Nachdem die Zahl der Langsamfahrstellen aufgrund von Baumaßnahmen „explodiert“ seien, wurde die Entscheidung wieder zurückgenommen. 

Die erfolgreichsten Güterbahnen, so der vida-Vorsitzende weiter, „sind die US-amerikanischen. Und die erfolgreichsten Personenbahnen sind die japanische und in Europa die Bahnen in der Schweiz und Österreich. Und was eint sie? Dass sie nicht im Traum daran denken, Rad und Schiene zu trennen.“ Wer Rad und Schiene voneinander trenne, riskiere Synergieverluste, neue Schnittstellen, zusätzliche Kosten und negative Folgen für die Qualität und Sicherheit des Schienenverkehrs. 

Er wolle keine Ratschläge erteilen, aber er wolle die Politik in Deutschland „ermutigen, nicht in Strukturdebatten auszuweichen. Sie sind manchmal notwendig, aber sie dürfen sich nicht verselbstständigen. Sie wirken lähmend und man verliert dadurch Zeit, die man nicht hat.“ 

Auch bei den weiteren geladenen Sachverständigen fanden die Anmerkungen zur Bahnpolitik großes Interesse. Letztendlich konnten sich alle mit einer zentralen Aussage anfreunden: eine erfolgreiche Bahnpolitik braucht klare Ziele. 

Hier geht es zum Bericht über die Anhörung auf der Homepage des Bundestages. Dort sind auch die Papiere der Fraktionen, die Stellungnahmen der geladenen Verbände sowie ein Videobeitrag hinterlegt.  

Die Stellungnahmen der EVG, der vida und der Allianz pro Schiene können auch hier heruntergeladen werden.