Werk Rostock: „Nichts ist offiziell - aber alles offensichtlich“

Dicke Luft im Cargo-Werk Rostock. Das zeigte die Stimmung auf der Betriebsversammlung Anfang der Woche. Von „Ich erwarte hier gar nichts mehr“ bis „Es geht um alles das, wofür wir jeden Morgen aufstehen und mit Herzblut dabei sind.“

Hintergrund sind drohende Abbaupläne im Werk. EVG und Betriebsräte befürchten sogar eine Schließung des Werkes, die scheibchenweise vorbereitet wird. Die offiziellen Worte der Werksleitung klingen dagegen harmlos: Es gehe um etwas über 20 Arbeitsplätze, wie bereits zur letzten Betriebsversammlung bekanntgegeben. Zudem rechtfertigten die abnehmenden Transportmengen kein Werk dieser Dimension. „Damit ist doch alles gesagt“. Ja, eben nicht, so die Kolleg:innen vor Ort. Wer 2 + 2 zusammenzählen kann, sieht, was hier wirklich passiert: ein schleichender Abbau. „Es gibt Gespräche über uns, aber nicht mit uns“ beschwert sich einer der Werker. 

Die Zahlen zeigen es anders
214 Beschäftigte stehen laut Abgleich der benötigten Werkepersonale einem Bedarf von 215 gegenüber. Kein Überhang. Kein Grund zum Abbau. Keine Notwendigkeit zur Sozialauswahl. „Der geplante Personalabbau in den Werken Seddin und Rostock ist dennoch so groß angelegt, dass im Konzern ernsthaft über die Schließung des Standortes Rostock nachgedacht wird“, erklärt Thomas Pfarr, Betriebsratsvorsitzender DB Cargo AG.

„Personalanpassungsmaßnahme“ nennen sie es nüchtern in der Führungsetage, während bei den Werkern in Seddin und Rostock die Angst umgeht. Angst, dass man dem Werk Rostock ganz bewusst den Stecker zieht. Es sollen angeblich keine Aufträge mehr angenommen werden, „als wolle man absichtlich die Zahlen drücken, um die Schließung zu rechtfertigen“, erzählt ein Kollege. 

Werk mit Geschichte.
Seit Jahrzehnten steht Rostock für Qualität und Verlässlichkeit in der Instandhaltung von Güterwaggons. Und was macht der Konzern jetzt?“ fragt Pfarr. Er plant den Kahlschlag, als würde man kaputte Waggons verschrotten.

„Während den Beschäftigten erzählt wird, es sei noch alles offen, werden im Hintergrund bereits Fakten geschaffen“, so Cosima Ingenschay. „Wir durchschauen aber diese Spielchen und werden sie nicht mittragen“, bekräftigt die stellvertretende EVG-Vorsitzende. Der Abbau sei reine Taktik für den Moment - kühl kalkuliert, betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar und wohl kaum in die Zukunft gedacht. „Personal raus, Kosten runter, fertig“, ruft Ingenschay den Beschäftigten zu. „Das ist Unternehmensberatungspolitik aus den 90ern. Aber was bleibt von Cargo in zehn Jahren übrig? Nichts - wenn es so weitergeht.“ 

Ingenschay bezog in ihrer Rede auch klar Stellung zu den Zukunftsplänen im Konzern. „Ende der Woche sollen zwei Beratungsfirmen Vorschläge zur Zukunft des Einzelwagenverkehrs präsentieren - doch schon jetzt lesen wir in der Presse von einem möglichen Stellenabbau in der Größenordnung von 4.000 bis 8.000 Beschäftigten. Nach all den Einschnitten der vergangenen Jahre wäre das ein weiterer, dramatischer Tiefschlag.“ In Rostock ist die Angst vor Stellenabbau bereits konkret. Beschwichtigend und kraftlos begründet der Werksleiter die Einsparmaßnahmen im Werk. 

Doch es regt sich Widerstand. Brandbriefe, Gespräche, politische Appelle - die EVG, der Betriebsrat und viele Unterstützer kämpfen mit aller Kraft. Selbst die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern hat sich eingeschaltet. Die Stimme aus Schwerin ist klar: Das Werk ist systemrelevant und darf nicht geschlossen werden! Die Zukunft des Güterverkehrs soll nun sogar Bestandteil der nächsten Verkehrsministerkonferenz werden. Das versprach die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern, Ines Jesse. Das Rostocker Werk sei über die Landesgrenzen für seine Qualitätsarbeit bekannt und müsse zwingend erhalten bleiben. 

„Auch wir gehören zum Rückgrat des Schienengüterverkehrs“, so die stolze Botschaft der Rostocker und Seddiner Kolleg:innen. Mit ihnen unterstreichen Betriebsrat und EVG ihre Forderungen an die Geschäftsleitung:

  • Arbeit für alle, die heute im Werk sind.
  • Ehrlichkeit statt Taktikspielchen.
  • Zukunft statt Abwicklung. 

Oder wie es ein Kollege auf den Punkt brachte: „Wenn der Vorstand nur für seine tatsächliche Leistung bezahlt würde, könnte doch dadurch die DB AG bereits Millionen sparen!"