Wer die Zukunft schuf, bleibt unvergessen

Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter gedachten am Sonntag der Opfer des national-sozialistischen Terrorsystems. Anlass war der 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen. „Erinnern heißt nicht nur nicht vergessen“, so DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. "Sondern auch die Verpflichtung zum Handeln über diesen Tag hinaus."

Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter gedachten am Sonntag der Opfer des national-sozialistischen Terrorsystems. Anlass war der 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen. „Erinnern heißt nicht nur nicht vergessen“, so DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. „Sondern auch die Verpflichtung zum Handeln über diesen Tag hinaus.“

Das KZ Sachsenhausen wurde bereits während der Olympischen Spiele 1936 errichtet. Bis zur Befreiung durch russische und polnische Soldaten im Frühjahr 1945 waren hier mehr als 200.000 Menschen inhaftiert: u.a. Gewerkschafter, Homosexuelle, Behinderte, Geistliche, Sinti und Roma, russische Kriegsgefangene. Mindestens 22.000 Menschen starben durch Hinrichtung, Misshandlung oder Entkräftung - darunter die Vorstandsmitglieder des Einheitsverbandes deutscher Eisenbahner Hermann Jochade und Lorenz Breunig. 2008 ließ der DGB in Sachsenhausen einen eigenen Gedenkstein errichten.

Wenige Kilometer entfernt, im ursprünglichen KZ Oranienburg, wurde schon 1934 der Schriftsteller Erich Mühsam ermordet. Einen Satz von Erich Mühsam nahm die Musikerin Isabel Neuenfeld zum Motto ihrer musikalischen Umrahmung der Gedenkstunde: „Wer die Zukunft schuf, bleibt unvergessen. Erst die Geschichte hält Gericht.“

Und Zukunft schufen sie, die inhaftierten Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in Sachsenhausen und Buchenwald, in Neuengamme und Ravensbrück und in den anderen mehr als 3000 Lagern und Haftstätten des nationalsozialistischen Terrorsystems. „Die Gewerkschafter, die den Terror überlebten, haben uns eine zentrale Botschaft hinterlassen“, so DGB-Vorstand Stefan Körzell.

„Aus der Erfahrung, wohin die Zersplitterung der Gewerkschaften geführt hatte, gründeten sie die Einheitsgewerkschaft.“

„Der Ort, an dem wir uns befinden, zwingt uns zur Demut“, so Stefan Körzell weiter. „Er verpflichtet uns zu rechtzeitigem Handeln gegen Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus.“ Nötig sei eine Stärkung der Zivilgesellschaft, aber auch klares Eintreten gegen rechte Gewalt, „damit es nie wieder heißen kann: zu spät.“

Auch Nele Bark als Vertreterin der Gewerkschaftsjugend erinnerte an die Verpflichtung für die heutigen Generationen. „In Zeiten, in denen in ganz Europa der rechte Rand immer mehr in die Mitte drängt, sehen wir für uns die Aufklärung als oberstes Ziel an. Wir dürfen nichts unversucht lassen, diesem Trend entgegen zu wirken.“

Der Berliner Historiker Siegfried Mielke ging auf die Bedeutung des gewerkschaftlichen Widerstands ein. Er war eminent wichtig für die Aufklärung über die Realitäten von Arbeits- und Lebenswelten im Nationalsozialismus. Die „Deutschland-Berichte“ der Exil-SPD (Sopade) speisen sich zu einem großen Teil aus Informationen von Gewerkschaftern im Untergrund. Dennoch spielt der gewerkschaftliche Widerstand in der deutschen Erinnerungskultur bis heute eine randständige Rolle. Das ändere sich erst allmählich. „Die Gewerkschaftsführer haben im Frühjahr 1933 versagt, aber viele von ihnen sind schon wenige Monate später in den Widerstand gegangen“, so Prof. Mielke. „Mit diesem Pfund müssen die Gewerkschaften selber viel stärker wuchern.“