Vortrag zu den Arbeitsbedingungen in der häuslichen Betreuung

Etwa 15 Kolleg:innen waren digital zusammen gekommen, um sich einen Input zu den Arbeitsbedingungen in der „häuslichen Betreuung“ anzuhören. Als Referentin war Justyna Oblacewicz vom Projekt „Faire Mobilität“ dabei, die aus ihrer Beratungspraxis berichtete.

Schnell wurde deutlich, dass es aktuell viele undurchsichtige Vertragssituationen gibt, die aber nur verdecken sollen, dass die Beschäftigten in der häuslichen Betreuung (oft als 24-Stunden-Betreuung beworben), nicht nach Mindestlohn entlohnt und die Vorgaben zu Arbeitsschutz und -zeit nicht eingehalten werden.

„Viele Familien benötigen und wollen eine umfassende und schnelle Lösung für ihre pflegebedürftigen Angehörigen, das ist verständlich. Die Agenturen verschleiern jedoch oft die echten Vertragsbedingungen und werben mit falschen Versprechen. Hier müssen wir im Interesse der Beschäftigten sensibilisieren“, so Nadja Houy, Vorsitzende der Bundesfrauenleitung.

Dass die Beschäftigten sich mit diesen schlechten Arbeitsbedingungen nicht abfinden und auf ihr gutes Recht pochen, zeigt ein aktuelles Urteil, das Oblacewicz vorstellte. Eine bulgarische Altenpflegerin hatte mit Unterstützung von DGB und Oblacewicz geklagt und nachträglich 38.000 Euro Lohn von ihrer Agentur zuerkannt bekommen. Denn, so das Urteil, 24-Stunden-Einsatz bedeuten Lohn für 24 Stunden und nicht für sechs, wie im Vertrag der Klägerin angegeben.

Aktuell gibt es, dass wurde aus dem Input klar, leider wenig Möglichkeiten, eine Betreuung und haushaltsnahe Dienstleistungen fair und rechtlich sauber zu gestalten.

„Leider sind es dann die Kolleginnen, die im Erwerbsleben zurückstecken und dadurch jetzt und in der Rente nicht eigenständig ihren Lebensunterhalt sichern können“, bewertete Houy die aktuelle Lage. 

In der anschließenden Diskussion standen Lösungen für Gepflegte, Beschäftigte und Angehörige im Vordergrund. Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht unter anderem vor, hier eine rechtsichere Lösung zu schaffen. Aktuell ist noch kein Gesetzesentwurf in Planung, für die Familien und Pflegebedürftigen, die sich oft in einer akuten Notlage befinden, wär dies jedoch dringend zeitnah nötig.

„Ich bleibe positiv gestimmt, dass wir hier etwas politisch bewegen können. Ein Gutscheinmodell für haushaltsnahe Dienstleistungen nach belgischem Modell wäre eine erste gute Weichenstellung. Darüber hinaus braucht es endlich eine echte Pflege-Reform“, schloss Annegret Pawlitz, Vorsitzende der Bundessenior:innenleitung, die Veranstaltung vorsichtig optimistisch.

Der Vortrag war als Fortsetzung und Ergänzung zum letzten Input zum Thema „belgisches Modell“ von Bundesfrauen- und Bundesenior:innenleitung gemeinsam auf den Weg gebracht worden. Weitere Formate sollen folgen.

Weitere Informationen zum Projekt "Faire Mobilität" findet ihr hier.