Tarifrunde 2023: „Unsere Kolleg:innen müssen von ihrer Arbeit leben können“ - Verhandlungsauftakt am Dienstag

Die EVG startet mit klaren Botschaften in die Tarifrunde 2023. „Wir erwarten von allen Arbeitgebern, mit denen wir jetzt verhandeln, konstruktive Angebote, die einen schnellen Abschluss möglich machen. Niemand muss uns wortreich erklären, wie schlecht es seinem Unternehmen geht und warum unsere Forderungen nicht erfüllt werden können.

Denn finanziell schlecht geht es vor allem unseren Kolleginnen und Kollegen. Wer meint, sich nicht ernsthaft mit unseren Forderungen auseinandersetzen zu müssen, provoziert entsprechende Reaktionen. Wir hingegen würden lieber auf einen ergebnisorientierten Dialog setzen“, betonten die EVG-Tarifvorstände Cosima Ingenschay und Kristian Loroch im Vorfeld der Tarifrunde 2023. 

Schon jetzt würden einzelne Unternehmen darauf verweisen, dass hohe Lohnabschlüsse nötige Investitionen verhindern und damit die Zukunftsfähigkeit gefährden würden. „Wer in die Zukunft seines Unternehmens investieren will, muss jetzt vor allem in die Beschäftigten investieren. Das ist das wertvollste Kapital, das Unternehmen überhaupt haben“, erklärte Kristian Loroch. 

„Unsere Aufgabe als Gewerkschaft ist es, dafür Sorge zu tragen, dass unsere Kolleginnen und Kollegen von ihrer Arbeit leben können“, ergänzte Cosima Ingenschay. Gerade in den unteren Lohngruppen gäbe es viele Kolleginnen und Kollegen, die sich am Ende des Monats fragen müssten, ob sie ihr Auto volltanken oder das verbliebene Geld für den Einkauf verwenden. „Die Situation ist prekär. Der Hinweis, dass die Inflation angeblich doch nicht so schlimm sei wie befürchtet, ist vor diesem Hintergrund einfach nur zynisch. Das geht an der Lebenswirklichkeit völlig vorbei. Unsere Forderungen sind mehr als berechtigt“, sagte sie.

Die EVG hatte Anfang Februar mehr als 300 Tarifkommissionsmitglieder aller Unternehmen, für die jetzt verhandelt wird, nach Fulda eingeladen. Einstimmig beschlossen diese eine soziale Komponente in Höhe von 650 Euro. Um diesen Betrag sollen die Löhne im Monat mindestens ansteigen – alternativ um 12 Prozent, bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Das ist die höchste Lohnforderung, die die größte Eisenbahnergewerkschaft Deutschlands je beschlossen hat. 

„Wir halten unsere Forderungen für mehr als gerechtfertigt, auch, weil nur mit einer deutlich besseren Bezahlung die Berufe bei Bus und Bahn wieder an Attraktivität gewinnen. Schon heute fallen viele Verbindungen aus, weil es an Mitarbeitenden mangelt. Zugleich steigt die Zahl der Überstunden und Krankheitstage der Beschäftigten. Wenn das so weitergeht, droht bald Stillstand. Das aber kann weder im Interesse der Unternehmen noch der Fahrgäste sein. Deshalb muss das Lohnniveau jetzt deutlich angehoben werden“, so Cosima Ingenschay.

„Wir erwarten, dass auch die Unternehmen der Eisenbahn- und Verkehrsbranche – und hier insbesondere die Deutsche Bahn – ihrer Verantwortung im Hinblick auf die viel beschworene Verkehrswende gerecht werden. Wer meint, jetzt Lohnzurückhaltung üben zu müssen, gefährdet dieses Ziel massiv. Ein Blick nach Großbritannien zeigt, wohin es führt, wenn schlecht bezahlt wird. Dort waren es die Lastwagenfahrer, die in Scharen davongelaufen sind. Ein ähnliches Szenario droht bei Bus und Bahn. Das wollen wir mit unseren Forderungen verhindern“, betonte Kristian Loroch. 

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft startet Ende Februar in die Tarifrunde 2023. Am Dienstag (28.02.2023) wird mit der Deutsche Bahn verhandelt, in der darauffolgenden Woche unter anderem mit Transdev, der Länderbahn und den Osthannoverschen Eisenbahnen. Bis Ende März werden mit rund 50 Unternehmen Tarifverhandlungen geführt sein. „Stellen wir fest, dass die Arbeitgeber nicht von Anfang an konstruktiv auf einen überzeugenden Tarifabschluss hinarbeiten, werden wir Druck machen. Und wie der aussehen kann, wenn eine ganze Branche ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellt, kann sich jeder ausmalen“, so die EVG-Tarifvorstände Cosima Ingenschay und Kristian Loroch.