Sicherheit ist kein Luxus - Ein Jahr Trilaterale Vereinbarung

Mehr Sicherheit für die Beschäftigten in Zügen und Bussen! Das fordert die EVG seit langem massiv – mit zunehmendem Erfolg. „Sicher unterwegs“ und „Ruf Robin“ zeigen Wirkung. Wir ziehen eine Zwischenbilanz.

„Wir haben bereits viel erreicht“, sagt uns Marco Rafolt, verantwortlich bei der EVG für das Thema Gewalt. Es gibt aber noch jede Menge zu tun. Jeden Tag müssen sich Lok-, Zug- und Bus-Beschäftigte lauernden Gefahren im Dienst stellen, wissend, dass die Gewalt in Zügen und auf Bahnanlagen seit Jahren zunimmt. Immer wieder wird ihnen das Leben im Dienst schwergemacht. „Von Männern oder Frauen in Anzügen. Von Reisenden ohne Anzüge. Von Deutschen und Migranten. Von Alten und Jungen“, sagt uns Andreas Schmidt, früherer Zugbegleiter aus Mannheim.

Endlich erkennen auch die Arbeitgeber, dass die Lokführer*innen und Zugbegleiter*innen im Dienst besser geschützt werden müssen. „Sie kommen an den Zahlen der steigenden Übergriffe nicht mehr vorbei“, so Marco Rafolt. Das zeige unter anderem die trilaterale Vereinbarung vom März 2017 mit KBR und DB AG. Auf unsere Initiative hin hatte sich der Konzern zu einer Nulltoleranz-Strategie gegenüber Gewalt und Belästigungen jeglicher Art verpflichtet. „Griffige Maßnahmen des Konzerns kommen aber nur schleppend“, kritisiert Rafolt heute, ein Jahr nach den gemeinsamen Unterschriften von EVG, KBR und DB AG. Offenbar vergesse man im Konzern, dass es um die Gesundheit und Sicherheit seiner Beschäftigten geht. Aber auch das Ansehen von Bussen und Bahnen auf dem Spiel stehe, als attraktiver Arbeitgeber oder sicheres Reisemittel.

Die immer wieder neuen Fälle von Pöbeleien, Anfeindungen und tätliche Attacken hinterlassen Narben auf der Seele, am eigenen Leib oder bringen zwangsläufig berufliche Einschnitte. Erfahren musste das auch Andreas Schmidt aus Mannheim. Nach mehreren Übergriffen auf ihn als Zugbegleiter standen Beruf und Familie für ihn auf dem Spiel. „Heute ist wieder alles im Lot“, sagt er. „Dank der Unterstützung durch die EVG“. Vom Arbeitgeber fühlte er sich alleingelassen. 

Weil das Betroffenen immer wieder so geht, hilft seit einiger Zeit „Ruf Robin“, eine mittlerweile bundesweit bekannte Sofort-Hilfe-Hotline für das Bahn- und Buspersonal. Hier wird 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr jeder gemeldete Vorfall aufgenommen. Seit seiner Inbetriebnahme im September 2017 sind es bereits 90 „echte“ Notrufe. Wer Robin (leider) rufen muss, bekommt hier schnelle Unterstützung. Dieses einmalige Hilfspaket, welches nur die EVG für alle Beschäftigten der Branche anbietet, wird offenbar immer nötiger.

Im Schnitt kommt es gut sieben Mal am Tag im Dienst zu verbalen und körperlichen Angriffen auf die Kolleginnen und Kollegen der DB. Zahlen der NE-Bahnen liegen aktuell im Dunkeln. Auch von den Busbetrieben werden regelmäßig Attacken auf ihr Fahrpersonal registriert. Dabei werden sie bespuckt, getreten, geschlagen. Viele der Angreifer sind Jugendliche. Sie sollen sich sogar extra dafür verabreden. Dabei wird dem Busfahrer ohne Grund ins Gesicht geschlagen. „Happy slapping“ heißt das in ihrer Sprache. Meistens kursieren Aufnahmen von den Mutproben wenig später im Internet oder auf Handys.

„Wir wollen alle Menschen für das Thema sensibilisieren“, erzählt Rafolt. Ein Paradebespiel, wie gut das funktionieren kann, hatte im Oktober eine Aktion „Jetzt reichts!“ von DB Services im Augsburger Hauptbahnhof gezeigt. Einen Tag lang wurden Fahrgäste über die aktuelle Situation informiert und mit Plakaten an die über 2500 Attacken auf Zugpersonal im vergangenen Jahr erinnert. In Flugblättern wurde zu einem „Bündnis der Vernünftigen“ aufgerufen. Die Kampagne bekam viel Zuspruch. Deswegen soll das Beispiel Schule machen. Marco Rafolt plant „Robin on tour“, um das sensible Thema an möglichst vielen Bahnhöfen bekannt zu machen“. Nach Augsburg sind bereits Leipzig und München fest eingeplant. Weitere Stationen kommen dazu. 

Unsere Gewerkschaft bringt eine Menge aufs Gleis, um den Beschäftigten unserer Branche – egal, ob Mitglied oder keins – zu zeigen, dass wir uns kümmern. So konnten wir bereits für die Mitarbeiter*innen von DB Sicherheit einiges durchsetzen: 
 • Stichschutzwesten  • erste Body-Cams • Freifahrten im Fernverkehr zum, vom und während des Dienstes  • Deeskalationsschulungen /-kurse für alle Beschäftigten im Kundenkontakt• Pfefferspray (-gel) für Zugbegleiter bei DB Regio (freiwillig), Rollout in 2018• Doppelstreifen auf dem über Nacht fahrenden IC 2021 von FFM – HH und Gegenrichtung• einen neuen Notruf in der RiS-Anwendung (Notruf direkt vom Sperrbildschirm des Smartphones)• Pseudonym-Namensschilder für Mitarbeiter im Kundenkontakt

Parallel drängt unsere Gewerkschaft auf die „Berliner Erklärung“. Mit ihr soll sich der Arbeitgeber bereit erklären, Zugbegleiter grundsätzlich wieder zu zweit einzusetzen. Das würde die Aggressionsbereitschaft erheblich mildern. Die Body-Cams haben es gezeigt: Auf den Strecken, wo sie eingesetzt werden, waren verbale und körperliche Attacken um ein Drittel gesunken. Zahlen, die für sich sprechen. Das muss bundesweit ausgedehnt werden, fordert die EVG.

Das kostet Geld, ohne Zweifel. Geld, das die Arbeitgeber bereitstellen muss. Denn die Sicherheit der Beschäftigten ist kenn Luxusthema.

Übrigens: Natürlich sind unsere Erfolge in Sachen „Sicher unterwegs“ ein Top-Thema für die Betriebsratswahlen. Dazu müssen wir das Thema weitertragen und ihr könnt dabei helfen. Mit „Robin on tour“ unterstützen und begleiten wir eure Aktionen vor Ort. 

„Ruf Robin!“ ist ein Angebot der EVG mit mobifair und den beteiligten Sozialpartnern DEVK, BSW, Fond Soziale Sicherung und dem VdES. Über dieses Netzwerk verfügt nur die EVG. Ein einmaliger Verbund, von dem unsere Mitglieder profitieren. Wir leben Gemeinschaft!