Parlamentarisches Frühstück: „Ohne zufriedene Beschäftigte keine Verkehrswende“

Zwei Jahre musste eine Tradition pandemiebedingt auf ihre Fortführung warten. Am Mittwoch konnte die EVG wieder viele politische Gäste zu einem parlamentarischen Frühstück begrüßen. Themen des Austauschs mit Verkehrspolitikerinnen und -politikern aller im Bundestag vertretenen demokratischen Fraktionen waren insbesondere die Ziele der Ampelkoalition rund um Bahn und ÖPNV.

Natürlich war auch die anstehende Einführung des „Deutschlandtickets“ Thema. Der Nachfolger des 9-Euro-Tickets, das im vergangenen Sommer für drei Monate gültig war, soll voraussichtlich im April 2023 starten. Mit dem Deutschlandticket verfolgt die Regierungskoalition das Ziel, gemeinsam mit den Ländern die Mobilitätswende in unserem Land anzukurbeln und die Bürger:innen finanziell zu entlasten. Zugleich erhofft sich die Ampelkoalition, so ihren im Koalitionsvertrag festgelegten bahnpolitischen Zielen näherzukommen, beispielsweise die Verkehrsleistung im Personenverkehr zu verdoppeln. Parallel soll auch der Schienengüterverkehr auf 25 Prozent gesteigert werden. 

„Um diese Ziele zu erreichen, sind weit mehr Investitionen nötig, als aktuell geleistet werden“, mahnte der Vorsitzende der EVG, Martin Burkert, in seinem Eröffnungsstatement an. Mit Blick auf den Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht Burkert im Vergleich zur Vergangenheit gute Chancen für das System Schiene. Besonders ging er auch auf die geplante Einrichtung einer neuen gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte ein. Hier appellierte er an die Parlamentarier:innen, sich nicht in zähen Struktur- und Rechtsform-Debatten zu verlieren und dadurch die Eisenbahn-Branche auf Jahre zu lähmen. Wichtig sei, dass der integrierte DB-Konzern erhalten bleibe, wie dies auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben sei. Zudem müsse man zu einer neuen, auskömmlichen Finanzierungssystematik für die Eisenbahn in Deutschland kommen. 

Alle Vertreter:innen der Parteien, die eingeladen waren, im Rahmen des parlamentarischen Frühstücks ein Statement abzugeben, lobten die Zusammenarbeit mit der EVG. Der stets konstruktive, auch wenn manchmal kontroverse Austausch, habe immer ein gemeinsames Ziel: Eine starke Bahn und einen guten ÖPNV.     

Detlef Müller, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion: 

Die Leute haben Bock auf Bahn. Die vielen Finanzierungssysteme der Bahn seien zu kompliziert. Dies stelle ein Hindernis für die gemeinwohlorientierte Infrastruktur dar.  

Ulrich Lange, stellv. Vorsitzender CDU/CSU-Bundestagsfraktion:

Ja, wir wollen eine Veränderung des Mobilitätsverhaltens der Menschen. Man freue sich aber auch über pünktliche Züge und gelungene Anschlüsse. Bei der Struktur des DB-Konzerns kann man unterschiedlicher Meinung sein. Es gebe zu viele Geldtöpfe, aus denen die Finanzen nicht immer ordnungsgemäß verwendet würden.  

Stefan Gelbhaar, Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Das aktuelle Regionalisierungsmittelgesetz macht eine Milliarde Euro zusätzlich für den SPNV frei. Dies ist mehr, als unter allen CSU-Verkehrsministern für die Schiene getan wurde.    

Carina Konrad, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion:

Die Menschen sind bereit, neue Wege zu gehen. Aber es braucht weitere, massive Investitionen. Netzüberlastungen und Verspätungen u.a. durch Baustellen müssen ein Ende haben. Der Kapazitätsausbau muss neu gedacht werden. Der Erfolg des 9-Euro-Tickets glich einer gelungenen Revolution. Wir haben noch viel vor uns.    

Bernd Riexinger, bahnpolitischer Berichterstatter der LINKEN:

Der Individualverkehr bleibt der größte Emissionserzeuger, weil seit den 90er Jahren hierbei keine Fortschritte erzielt wurden. Noch immer wird mehr in die Straße investiert als in die Schiene. 

„Ohne zufriedene Beschäftigte keine Verkehrswende“, stellte der EVG-Vorsitzende Martin Burkert abschließend fest. Das Gelingen hänge von motivierten Beschäftigten ab. Dies gelte für den ÖPNV ebenso wie für alle anderen Teile der Verkehrsbranche. „Hier besteht dringender Handlungsbedarf.“ So erinnerte Burkert an das Versprechen im Koalitionsvertrag, für faire Arbeitsbedingungen im ÖPNV zu sorgen, indem Tariftreue und Tarifverträge als Bedingung für Ausschreibungen gemacht werden. „Der Personalmangel ist die größte Herausforderung, den Schiene und ÖPNV in Deutschland aktuell haben."