Mehr Bahn für die Menschen: Deutschland-Takt: „Der Zielfahrplan gibt die Infrastruktur vor“

Deutschland fährt im Takt: So ist die Zielvorstellung für 2030. Die Einführung des Deutschland-Takts hat Enak Ferlemann als erstes Zwischenergebnis aus dem Zukunftsbündnis Schiene (ZBS) präsentiert. Doch auf dem Weg dahin sind noch einige Herausforderungen aus dem Weg zu räumen, sagt Rudolf Kaltofen vom Gemeinschaftsbetriebsrat Zentralen Personenverkehr bei der DB AG. Er hat die EVG in der entsprechenden Arbeitsgruppe des ZBS vertreten.

Rudi, welche Bilanz ziehst du aus den Diskussionen in der AG? 
Der Deutschland-Takt soll etappenweise umgesetzt werden. Dieses schrittweise Vorankommen soll ermöglichen, dass bestimmte, für den Verbraucher spürbare Angebotssprünge realisiert weden. Und ehrlich gesagt, beim aktuellen Zustand des Schienennetzes ist dieses Vorgehen auch alternativlos. Bei den Zwischenschritten sollen die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen gebündelt und priorisiert abgearbeitet werden. Das Fundament zur Realisierung des Deutschland-Taktes bildet ein stabiles und funktionierendes Streckennetz. Der ganze Weg muss auch mit einer spezifischen und realistischen Kommunikation begleitet werden. Denn die Menschen müssen wissen, dass der Deutschland-Takt etwas Neues darstellt und über bereits bestehende Taktsysteme und integrale Fahrpläne hinaus reicht.

Etwas Neues, in der Tat - wo sieht die die wesentlichen Herausforderungen auf dem Weg dahin?
Der Deutschland-Takt ist wirklich ein Langfristprojekt. Wir brauchen eine im Vorhinein gesicherte und festgelegte Finanzierungszusage, eine realistische Investitionsstrategie durch den Eigentümer und eine daraus abgeleitete umfangreiche Finanzierung für die nötigen Infrastrukturmaßnahmen. Ansonsten, sage ich ganz klar, sind weder Zielfahrplan noch Kapazitätserweiterungen zu erlangen. Dreh- und Angelpunkt ist die Infrastruktur. Sie muss entsprechend ausgebaut, Engpässe müssen beseitigt werden. Und hierbei muss der Zielfahrplan die Infrastruktur vorgeben - nicht umgekehrt! Ein zweiter Punkt kommt hinzu: Wir dürfen den Güterverkehr nicht vergessen! Beim Ausbau der Infrastruktur muss der SGV gleichrangig mit dem Personenverkehr behandelt werden, sonst haben wir für die Schiene insgesamt nichts gewonnen.

Gibt es Konfliktlinien in der Arbeitsgruppe?
Oh ja, die gab es. Die Deutsche Bahn als Platzhirsch strebt einen Halbstundentakt zwischen den Knoten sowie neue Regionallinien im Fernverkehr an. Diese Pläne kreuzen sich mit den Interessen und Strategien der dabei in Konkurrenz tretenden beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen. Und es sitzen bei uns ja auch Vertreter der Bauindustrie am Tisch. Sie haben schon klar darauf hingewiesen, dass auch sie Probleme in der Rekrutierung von Personalen haben. Bauarbeiten im Schienennetz werden weitestgehend zu verkehrsschwachen Zeiten und in Nachtlagen ausgeführt und die gelten trotz guter Bezahlung als wenig attraktiv. Hier gibt es also noch ein Brett zu bohren.