EVG und IG Metall: Bei Modernisierung der Bahn nicht auf halber Strecke stehen bleiben!
Anlässlich der Haushaltsdebatte warnen EVG und IG Metall vor Preissteigerungen bei der Bahn und mahnen mehr Planungssicherheit für die Bahnindustrie an.
Eine schnelle und umfassende Modernisierung der Bahninfrastruktur droht einmal mehr auf der Strecke zu bleiben, warnen die Gewerkschaften EVG und IG Metall. Die Regierungskoalition habe die Weichen im Koalitionsvertrag zwar richtig gestellt, es fehle aber die Konsequenz in der Umsetzung bemängeln die Gewerkschaften mit Blick auf den Bundeshaushalt, der ab diesem Dienstag im Parlament beraten wird. Das verunsichert die Unternehmen der Bahnindustrie, gefährdet dort Arbeitsplätze und führt zu deutlichen Preissteigerungen für die Bahnkunden.
Zentraler Kritikpunkt der Gewerkschaften ist die Trassenpreisförderung, die angesichts der zu erwartenden Kostensteigerungen deutlich zu niedrig ausfällt. Noch in diesem Jahr drohen darum deutliche Preiserhöhungen im Schienengüterverkehr und im Fernverkehr. Zudem wirft die schon jetzt geplante Verschiebung von Mitteln aus dem Kernhaushalt in das Sondervermögen Infrastruktur (SVIK) die Frage auf, wie glaubwürdig das Versprechen zusätzlicher Gelder für die Zukunft ist. Das sorgt für Unsicherheit in der Bahnindustrie, so IG Metall und EVG. Außerdem kritisieren beide Gewerkschaften, dass der angekündigten Eisenbahninfrastrukturfonds weiter auf sich warten lässt – dabei wäre er zentral für langfristige Planungssicherheit. Die Digitalisierung der Schiene müsse zudem klarer priorisiert werden.
Martin Burkert, Vorsitzender der EVG: „Der politische Wille entscheidet, ob die Verkehrswende am Ende gelingen wird oder nicht. Der Bund muss das Trassenpreissystem dringend reformieren und jetzt kurzfristig die Trassenpreisförderung erhöhen. Ansonsten sorgt der Preishammer dafür, dass viele Fahrgäste auf das Auto umsteigen werden und die Industrie ihre Güter nicht mehr mit dem Zug durch das Land schickt, sondern stattdessen mit etlichen Lastwagen die Straßen verstopft.“
Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall: „Wir wollen, dass die Verkehrswende zu einer Job-Offensive in Deutschland führt. Der Bedarf ist offensichtlich: Milliarden müssen investiert werden, damit mehr Menschen die Bahn nutzen, mehr Güter auf die Schiene verlagert werden und die Bahn im digitalen Zeitalter ankommt. Damit die Bahnindustrie ihre Kapazitäten entsprechend erweitert, in ihre Produktionsstandorte investiert und Leute einstellt, braucht es neben ausreichend öffentlichen Mitteln vor allem eines: Verlässlichkeit und langfristige Planbarkeit. Darum darf der angekündigte Eisenbahninfrastrukturfonds nicht auf die lange Bank geschoben werden. Auch darf nicht der Eindruck entstehen, Mittel werden nur zwischen den Töpfen verschoben und nicht zusätzlich zur Verfügung gestellt.“
Höhere Trassenpreisförderung und Systemreform nötig
Der Bund plant, das Eigenkapital der Deutschen Bahn deutlich zu erhöhen. Weil das Eigenkapital mit einer hohen Renditeerwartung des Bundes einhergeht, muss der Netzbetreiber die Trassenpreise (die sogenannte Schienenmaut) anheben – 2025 um 16 Prozent im Schienengüterverkehr und 18 Prozent im Fernverkehr. Die Bahnen werden einen Großteil der Trassenpreiserhöhung an ihre Kunden weitergeben und so für massive Preissteigerungen im Personenfernverkehr und dem Schienengüterverkehr sorgen. EVG und IG Metall fordern die Abgeordneten auf, dies im Parlamentarischen Verfahren zu verhindern. Dafür müsse die Trassenpreisförderung im Bundeshaushalt beim Fernverkehr um mindestens 95 Millionen Euro und im Güterverkehr um mindestens 75 Millionen Euro erhöht werden. Anschließend sollte der Bund mit einer grundlegenden Trassenpreisreform die Schienenmaut auf die unmittelbaren Kosten einer Zugfahrt absenken, wie in anderen europäischen Ländern längst üblich.
Zusätzliche Mittel und Planungssicherheit sind Voraussetzung für Investitionen
Die Baukostenzuschüsse für den Neu- und Ausbau sowie für die Elektrifizierung der Schiene sind im Kernhaushalt deutlich reduziert. So entsteht der Eindruck eines haushaltspolitischen Verschiebebahnhofs. Das sei das falsche Signal für die Bahnindustrie. Zwar ist in der mittelfristigen Finanzplanung ein wachsendes Budget für Investitionen in den Schienenverkehr vorgesehen, es bleibt aber unklar, wie es sich verteilt. Hier würde der im Koalitionsvertrag angekündigte Eisenbahnstrukturfonds für mehr Planungssicherheit sorgen.
Bei der Digitalisierung fehlt die verbindliche Gesamtstrategie
Im Haushalt stehen zusätzliche Mittel für die Digitalisierung der Schiene bereit – etwa für digitale Stellwerke und das europäische Zugsicherungssystem ETCS. Das bewerten die Gewerkschaften positiv. Aus ihrer Sicht hapert es aber an der Umsetzung: Projekte verzögern sich, Zuständigkeiten sind unklar, und es fehlt an einer verbindlichen Gesamtstrategie. Ohne klare Prioritäten und eine stringente Umsetzung drohe die Digitalisierung der Schiene weiter Stückwerk zu bleiben – mit negativen Folgen für Kapazität, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit.