Der Unmenschlichkeit etwas entgegensetzen

Kurz vor Ostern wurde in Tröglitz in Sachsen-Anhalt ein Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim verübt. Die Täter wollten offenbar die Aufnahme von Flüchtlingen verhindern. Der Anschlag hat im In- und Ausland Empörung ausgelöst. Auch bei unserem Kollegen Dieter Posner, Sprecher des EVG-Landesverbandes Sachsen-Anhalt.

Eigentlich bin ich sprachlos darüber, was die letzten Wochen in Tröglitz, in unserem Land Sachsen-Anhalt, abging. Ich suche nach passenden Worten - die scheinen mir aber zu fehlen! Und gerade deswegen möchte ich mich hier, als Mensch und bekennender Gewerkschafter, zu Wort melden, will nicht ohnmächtig und sprachlos zusehen, wie unsere Demokratie mit Füßen getreten wird.

Unumstritten ist der Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Tröglitz ein Verbrechen. Die Täter müssen schnell gefunden und zur Verantwortung gezogen werden. Flüchtlings-heime in Brand zu setzen, um so die Aufnahme von Menschen zu verhindern, ist ein Anschlag auf unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat! Was kommt als nächstes? Schrecken die Täter, die das Feuer gelegt haben, überhaupt noch vor etwas zurück?

Wessen Geistes Kinder waren hier eigentlich am Werk? Ist es die Angst vor dem Fremden und dem Unbekannten, das mit den Flüchtlingen kommen wird? Oder ist es die Angst vor den Flüchtlingen selbst, die den Grausamkeiten der Kriege und Nöte aus ihren Heimatländern entfliehen konnten, um nun hier, in Deutschlands Städten und Gemeinden, endlich wieder ein normales angstfreies und friedliches Leben führen zu können? Oder ist es letztendlich die Angst, selbst zu kurz zu kommen, weil die Flüchtlinge das erhalten, was den vermeintlich Benachteiligten zusteht?

Und es ist nicht nur ein sachsen-anhaltinisches Problem! Tröglitz kann überall sein - hier ist nur öffentlich geworden, was scheinbar unter der Decke brodelt. Nicht zu vergessen - es gab vor nicht allzu langer Zeit auch in anderen Bundesländern Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte. Das sollte keine Entschuldigung für das Geschehene, egal wo auch immer passiert, sein. Es sollte uns bewusst machen, dass Ausländerfeindlichkeit bzw. die Angst vor dem Fremden, kein regionales Problem ist.

Es gibt unumstritten in Deutschland ein latentes Potenzial an Fremdenfeindlichkeit. Was aus diesen Menschen, aus diesen Gruppen wird, entscheidet der Umgang mit ihnen. Ächtet man sie oder macht man sie salonfähig? Welche Rolle spielen dabei die rechtsextremen Parteien? Wozu zählt die AfD? Was lösen die „Pegidas“ in unserem Land aus? Sind die Menschen, die eine Zuwanderung ablehnen, überhaupt für Dialogversuche zur Aufgeschlossenheit gegenüber Zuwanderern bereit? Fragen über Fragen - die Antworten müssen wir selbst finden!

Ein Blick in die Geschichte sollte uns dabei helfen und auch zu denken geben. Über 20% aller Menschen, die in Sachsen-Anhalt nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Heimat gefunden haben, waren Flüchtlinge. Sollten wir nicht auch die Menschlichkeit praktizieren, die unseren Eltern und Großeltern vor 70 Jahren widerfahren ist?

Ich bitte Euch, dass wir Gewerkschafter näher zusammenrücken, um so der Unmenschlichkeit, die im Zusammenhang mit dem Zuzug der Flüchtlinge entstanden ist und vielleicht noch entstehen wird, etwas entgegen setzen können. Ich wünsche mir den Aufstand der Anständigen vor Ort. Ich wünsche vor allem auch den Zuständigen in unserem Land die nötige Weisheit, vernünftige Schlüsse zu ziehen und richtig zu handeln!