Ausschreibung S-Bahn Berlin - EVG: Wir lassen uns nicht austricksen!

In einer Hauruckaktion hat die EVG am Dienstag zu einer weiteren Protestaktion vor dem Roten Rathaus aufgerufen. Im Senat sollte das Thema an der Öffentlichkeit vorbei abschließend beraten werden.

Kurz vorher war durchgesickert, dass Verkehrssenatorin Regine Günther die Vorlage für die Ausschreibung der Teilnetze Stadtbahn und Nord-Südbahn kurzfristig auf den Plan der Senatssitzung gehievt hatte. „Waren bisher Verzögerungen und Hinhaltetaktiken die Mittel ihrer Wahl, versucht sie nun die Ausschreibung heimlich, still und leise durch den Senat zu bekommen“, so Mathias Präg, Gewerkschaftssekretär der Geschäftsstelle Berlin. Die Ressortchefin hatte wohl damit gerechnet, dass so kurzfristig kein großer Gegenprotest und öffentliche Aufmerksamkeit entstehen.

Der Plan, kein Aufsehen zu erregen, ging schief. Mit viel Lärm wurde die Senatorin von den S-Bahnkolleginnen und Kollegen begrüßt, als sie sich kurz vor dem Rathaus sehen ließ. Ein ausführlicheres Gespräch kam nicht zu Stande. Lediglich „wir bleiben im Gespräch“, versicherte sie gegenüber den Teilnehmenden. „Unfaire Taschenspielertricks? Nicht mit uns,“ stellt Präg klar. Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes der EVG hatten sich am Rande ihrer routinemäßigen GV-Sitzung Zeit genommen, die Kolleginnen und Kollegen bei der Aktion zu unterstützen. 

Sollten die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg grünes Licht für den Start der umstrittenen Ausschreibung geben, könnte das Mammutprojekt kurzfristig starten. Aus Sicht der EVG sind immer noch zu viele Fragen dabei offen. Deswegen fordert unsere Gewerkschaft deutliche Korrekturen, vor allem bei den Beschäftigungsbedingungen und für sichere Arbeitsplätze. „Für uns stehen die Beschäftigten an erster Stelle“, betont der Vorsitzende der EVG-Betriebsgruppe, Robert Seifert. Die erreichten Sozialstandards müssten auch bei künftigen Betreibern gelten. „Es wäre doch ein Treppenwitz, wenn es gerade unter Rot-Rot-Grün zu Lohn- und Sozialdumping kommt“, so Seifert.

Seit Monaten werden unsere Fragen, Anregungen und Hilfsangebote von der Verkehrssenatorin ignoriert. Es gibt keine Stellungnahmen oder unzureichende Pläne zu den Arbeitsplätzen. Kaum Auskünfte über den Beschäftigungsübergang und die Risiken. Klare Auskünfte zum Betreiberkonzept Fehlanzeige. Schulterzucken, bei Fragen zur Beschäftigungssicherung. Nach Ansicht der Verkehrssenatorin regelt der Markt diese Themen. „Hier spricht die pure Ignoranz, wenn es um Existenzen geht“, schmettert Robert Seifert durch sein Megaphon in Richtung Rathaus, dem Tagungsort des Berliner Senates. „Das können und werden wir uns nicht bieten lassen!“

Offen ist zudem, wie bei der bevorstehenden Ausschreibung die Bereiche Marketing, Fahrgastinformation, Planung und Disposition berücksichtigt werden. Bislang dreht ich alles um Betrieb und Instandhaltung. Berlins EVG-Chef Michael Bartl mahnte zusätzlich ein belastbares Betriebs- und Störungskonzept an, sollten mehrere Bewerber Zuschläge bekommen.

Bis jetzt konnte die EVG in der Diskussion um ein sinn- und nachhaltiges Ausschreibungsverfahren Teilerfolge einfahren. Dazu zählt, dass die ursprünglich vorgesehene Limitierung der Lose vom Tisch ist. Danach hätte sich ein Unternehmen nicht auf alle Leistungen bewerben können. Auch der mit enormen Kosten und Bauarbeiten verbundene Neubau einer zusätzlichen Werkstatt in Pankow ist vom Tisch. Berlin hatte zwingend den Neubau für die anstehende Vergabe der S-Bahnleistungen gefordert, obwohl bei der S-Bahn genügend Werkstattkapazitäten vorhanden sind. Brandenburg hatte dies abgelehnt. Das Vergabeverfahren soll bereits im Mai beginnen.