Tarifrunde 2023: Offener Brief der EVG-Bundesfrauenleitung

Aktuell läuft die Tarifrunde 2023, bei der unsere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mit rund 50 Unternehmen Verhandlungen führt. In Zeiten von hoher Inflation und steigender Energiekosten ist die zentrale EVG-Forderung unserer Mitglieder ein Plus von mindestens 650 Euro beziehungsweise 12 % mehr im Monat für alle Beschäftigten.

Für die Nachwuchskräfte wird ein Plus von monatlich 325 Euro gefordert. Hinter diesen Forderungen stehen alle EVG-Mitglieder solidarisch zusammen und kämpfen für mehr soziale Gerechtigkeit. 

Leider ist gerade der Großteil der Arbeitgeber nicht willens, ein verhandelbares Angebot vorzulegen. Es werden Gegenforderungen aufgestellt, statt mit uns über faire Löhne zu verhandeln. So wird weder verhindert, dass Fachkräfte abwandern noch werden die Voraussetzungen geschaffen, mehr Beschäftigte für die Arbeit bei den Bahnen zu begeistern. Aber Fachkräfte zu halten und zu gewinnen, ist für die Verkehrswende mehr als nötig. 

Dass ein Konzern wie die Deutsche Bahn in staatlichem Eigentum nicht ordentlich bezahlt und der gesetzliche Mindestlohn jetzt erst nach dem Vergleich vor dem Arbeitsgericht ordentlich umgesetzt werden soll, ist ein Armutszeugnis und vor allem auch ein Armutsrisiko für unsere Kolleg:innen. 

Gerade Frauen arbeiten, auch aufgrund der ungleichen Verteilung von unbezahlter Sorge- und Pflegearbeit in Deutschland, oft in Teilzeit und sind häufiger in den unteren Lohngruppen vertreten.

Dies hat nicht nur Auswirkungen auf ihren Verdienst, sondern sorgt auch dafür, dass sie deutlich geringere Renten erhalten und stärker von Altersarmut als Männer betroffen sind. Wenn es nun also zu Reallohneinbußen kommt, weil keine ausreichende Lohnerhöhung angeboten wird, verschlechtert dies die Lage der Frauen zusätzlich.

Unsere Kolleg:innen haben auch in den Hochphasen der Pandemie stets ihren Job gemacht und haben beim letzten Tarifabschluss aufgrund der schwierigen Lage bewusst Verzicht geübt. Sie sind es, die trotz der schwierigen Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass Menschen und Güter von A nach B kommen. Oft genug sind sie dabei auch Angriffen und Beleidigungen ausgesetzt und machen trotzdem möglich, was eigentlich unmöglich ist.

Es ist kein Geheimnis: Nur mit Tarifbindung wird eine faire und ordentliche Bezahlung erreicht. Aktuell sollen bestimmte Bereiche aus den Tarifverhandlungen ausgenommen werden oder Unternehmen betreiben sogar Tarifflucht, indem sie den Arbeitgeberverband AGV MOVE verlassen (wie z.B. das DB AG Unternehmen „Regionalverkehr Alb-Bodensee“). Das ist ein absolutes Unding. Zumal wenn solch ein Verhalten am Ende des Tages über Steuergelder (Finanzierung des SPNV/ ÖPNV) finanziert wird.

Daher fordern wir als EVG-Bundesfrauenleitung, dass jetzt endlich Angebote gemacht werden, welche diesen Namen auch verdienen und dafür sorgen, dass langfristig mehr Frauen ihren Weg in die Eisenbahn- und Verkehrsbranche finden. Gerade der Staatskonzern Deutsche Bahn sollte hier endlich seiner Vorbildfunktion gerecht werden.

Für Nachfragen oder ein Gespräch stehen wir natürlich gerne zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich an unseren hauptamtlichen Bundesfrauensekretär Marius Beckmann (Marius.Beckmann@evg-online.org).