Volle Auftragsbücher, fehlende Kolleg:innen - EVG-Vorsitzender zu Besuch im S-Bahn-Werk Frankfurt
Die S-Bahn-Werkstatt in Frankfurt war am Mittwoch das erste Ziel während der Sommertour des EVG-Vorsitzenden Martin Burkert. Die Auftragsbücher sind voll, doch mit der aktuellen Zahl an Mitarbeitenden lassen sich die notwendigen Arbeiten an den S-Bahnen, die auf den 14 Ständen in der großen Fahrzeughalle stehen, kaum bewältigen.
„Wir sind schon mit der geplanten Arbeit gut ausgelastet. Hinzu kommen immer wieder Störungen, die an den S-Bahnen auftreten und kurzfristig behoben werden müssen“, erklärt EVG-Betriebsrat Andreas Fütterer.
Viele Probleme treten im Fahrbetrieb auf; die Ursachen lassen sich in der Werkstatt nur schwer verifizieren. „Eigentlich müssten wir mit den S-Bahnen mal Probefahrten machen“, betont Andreas Fütterer. Doch dafür fehlen Lokführer und entsprechende Kapazitäten auf der Strecke. Rund 210 S-Bahnen werden im Frankfurter ET-Werk gewartet, alle 30 Tage muss jede S-Bahn planmäßig in die Werkstatt.
Derzeit gibt es 45 Auszubildende, darunter nur zwei Frauen. Zwei junge Kollegen kommen mit Martin Burkert ins Gespräch: Der eine war zuvor fünf Jahre in der Gastronomie tätig, der andere schon immer an Technik interessiert. Über ein Online-Portal der DB AG haben sie sich beworben – und wurden direkt eingestellt. Beide hoffen nun auf ein Übernahmeangebot.
„Viele verlassen das Unternehmen nach der Ausbildung wieder“, erklärt Betriebsrat Fütterer. Im Rhein-Main-Gebiet gebe es Arbeitgeber, die besser zahlen - und das ohne Schichtarbeit. Erst kürzlich habe ein junger Kollege gekündigt, weil ein Duales Studium, wie von ihm gewünscht, bei der DB AG nicht möglich war.
Insgesamt kommt die Arbeit der EVG bei den Kolleginnen und Kollegen gut an. „Im Betriebsrat stellen wir neun von 15 Arbeitnehmervertretern“, sagt Andreas Fütterer. Derzeit werbe man dafür, sich für die nächste Wahl als Kandidatin oder Kandidat aufstellen zu lassen. Doch es sei schwieriger geworden, potenzielle Bewerber zu finden.
Auch die Beteiligung an der nächsten Betriebsratswahl, die im Mai 2026 stattfinden wird, bereitet etwas Sorge. Annette Etschmaier-Vogt, Vorsitzende der örtlichen EVG-Betriebsgruppe, hat die Ärmel bereits hochgekrempelt. „Wir müssen draußen sein, bei den Menschen, uns zeigen und als Ansprechpartner sichtbar werden“, betont sie. Erst kürzlich habe man an heißen Tagen kostenlos Wasser an die Beschäftigten verteilt – das sei unheimlich gut angekommen.
Wichtig seien vor allem „Multiplikatoren“: Kolleginnen und Kollegen, die in den Betrieben unterwegs sind, die guten Leistungen der EVG erläutern und am Ende zur Wahl motivieren. „Wir müssen unsere Mitglieder an die Wahlurne bekommen, aber auch die unentschlossenen Unorganisierten“, erklärt sie. „Wenn wir für die Kolleginnen und Kollegen da sind, schenken diese uns auch ihr Vertrauen“ - und sie zeigt im Regio-Werk in Griesheim, wie das geht.
Die Kolleginnen und Kollegen sind - wie die des benachbarten Fernverkehrswerks - über die Mittagspause zum gemeinsamen Grillen mit EVG-Vorsitzendem Martin Burkert eingeladen. Beim Gang durch die Werkhallen stellt sich Annette Etschmaier-Vogt aktiv als Betriebsratsmitglied vor und lädt jeden ein, doch kurz vorbeizuschauen. Ein junger Kollege spricht sie an: Er habe seine Mitgliedsnummer vergessen. „Komm gleich vorbei, ich schreibe mir deinen Namen auf und melde mich dann bei dir“, ruft sie ihm zu. Der junge Mann strahlt: „Das mache ich“, antwortet er und ergänzt: „Dann kann ich endlich meine Fondsleistungen beantragen – Geld, das die EVG in der zurückliegenden Tarifrunde ausschließlich für ihre Mitglieder verhandelt hat.“
Herzlich begrüßt von der EVG wurden beim mittäglichen Grillen auch die neuen Auszubildenden, die gerade ihren dritten Tag im Betrieb absolvierten. Martin Burkert hieß sie in der Familie der Eisenbahner willkommen, wünschte ihnen viel Erfolg auf ihrem Berufsweg und machte deutlich, wie wichtig es sei, gewerkschaftlich organisiert zu sein.