Schöneberger Forum: Zeitenwende mit Startproblemen

Unsere Gesellschaft befindet sich im Umbruch. Migration und Digitalisierung sind Megatrends, die sie nachhaltig verändern. Was bedeutet das für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst? Damit befasste sich das diesjährige Schöneberger Forum, die beamtenpolitische Fachtagung des DGB.

Durch die Digitalisierung entsteht eine neue Architektur der Arbeit, so die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Aber: Die Beschäftigten müssen mitgenommen werden. Im DGB-Index Gute Arbeit 2016 gaben 73 Prozent der Beschäftigten an, keinen oder nur geringen Einfluss auf die Einführung digitaler Techniken zu haben. Die Folge: Frust, Arbeitsverdichtung, innere Kündigung. Die EVG hat diese Herausforderung mit dem Tarifvertrag Arbeit 4.0 angepackt. Durch ihn werden die Betriebsräte in die Lage versetzt, diese Prozesse frühzeitig im Sinne der Beschäftigten zu beeinflussen.   

Das forderte Elke Hannack auch für den öffentlichen Dienst im Ganzen. „Ohne die Einbeziehung der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen kann das Potenzial der Digitalisierung als Gestaltungsmittel guter Arbeit nicht genutzt werden.“

Wer über die Zeitenwende im Öffentlichen Dienst spricht, kommt an einem Thema nicht vorbei: Personal. Bis 2025 wird ein Viertel der Beschäftigten in den Ruhestand gehen, gleichzeitig sind 110.000 Vollzeitstellen nicht besetzt. „Hier erleben wir noch längst keine Zeitenwende, sondern stehen noch ganz am Anfang“, kritisierte Elke Hannack. „Wir müssen weg von einer Politik der leeren Kassen. Wir brauchen Investitionen durch und in die öffentliche Hand. Die für einen starken öffentlichen Dienst notwendige Zeitenwende bedingt Zukunftsinvestitionen.“

In der nachfolgenden Diskussion mit Vertreter/innen von Politik, Gewerkschaften und Wissenschaft wurden die angesprochenen Stichworte noch einmal vertieft:

  • Bildung und Weiterbildung haben im Zusammenhang mit der Digitalisierung oberste Priorität. „Man muss den Menschen in diesem Prozess endlich mehr Sicherheit geben.“ Das heißt aber auch: Ausbildung der Führungskräfte - „wir brauchen eine andere Art der Führung.“
  • Digitalisierung birgt bis dato immer noch die Gefahr der Selbstausbeutung, der Arbeitsverdichtung und der Entgrenzung von Arbeit. Dieser Trend muss gebrochen werden. „Wir haben die Chance, gleichberechtigte Beschäftigte zu haben, die ihre Arbeitsbedingungen mitgestalten können.“
  • Es muss Schluss gemacht werden mit befristeten Verträgen. Derzeit ist es vor allem der öffentliche Dienst, der der Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen Vorschub leistet. „Gute Beschäftigungsbedingungen fangen  damit an, dass wir den Leuten eine Perspektive geben.“