Marianne Förster - Zwangsarbeiterin bei der Deutschen Reichsbahn

Kurz vor der Befreiung wurde Marianne Förster, geb. Joseph von ihrem Arbeitsplatz als Zwangsarbeiterin bei der Deutschen Reichsbahn weg verhaftet und ins jüdische Sammellager in der Berliner Schulstraße gebracht.

Was war dem vorausgegangen?

Marianne wurde 1907 in Stralsund geboren. Beide Eltern gehörten zur jüdischen Gemeinde, ihr Vater war Kaufmann, ihre Mutter vermutlich Hausfrau. Bis zur Abschlussklasse besuchte Marianne die Oberstudienanstalt in Stralsund; anschließend absolvierte sie eine Lehre bei der Deutschen Bank in Berlin. Als sie ihren späteren Mann, den Betriebsrat Erich Förster kennenlernt, kommt sie in Kontakt mit der kommunistischen Bewegung. Gemeinsam gingen sie 1931 nach Leipzig, wo sie sich schließlich der KPD als Mitglied anschloss, und engagierte sich in der „Roten Hilfe“, einer der KPD nahestehenden Organisation zur Unterstützung politisch Verfolgter.

 Während der Zeit in Leipzig fungierte sie als Frauenleiterin einer KPD-Straßenzelle. Im Zuge des Erstarkens des Nationalsozialismus und der Machtübertragung nahmen die Verfolgungen und Schikanen zu. Ihr Mann wurde im März 1933 das erste Mal verhaftet und ins Konzentrationslager Leipzig Colditz verschleppt. Nach seiner Entlassung im selbe n Jahr gingen beide zurück nach Berlin, wo sie ihre Arbeit im Widerstand fortsetzten. In ihrem Fragebogen zur Anerkennung als „Opfer des Faschismus“, führte Marianne aus, dass sie gemeinsam mit ihrem Mann Flugblätter und Broschüren verteilte und die Wohnung für geheime Treffen zur Verfügung stellte. Darüber hinaus gab sie an, Widerstandsgruppen mit aufgebaut und Kontakt zu Widerständler:innen im Exil in Prag hergestellt zu haben. Ständig gab es Haussuchungen und Plünderungen durch die Nazis. 

Da Mariannes Mann nach den Vorstellungen der Nazis, als „Arier“ und sie demnach „nur“ als „Halbjüdin“ galt, war sie von den Deportationen zunächst geschützt. Ihre jüdischen Eltern Erich Joseph und Klara Berta Joseph, geb. Heymann in Stralsund hingegen verloren 1939 ihre Wohnung und mussten in ein Judenhaus umziehen. Sie wurden im Februar 1940 deportiert und anschließend ermordet. Nach Mariannes Aussagen erschoss die Gestapo 1943 ihre Schwester Ilse Gerda Cohn und ihren Schwager Fritz Cohn in Frankfurt/Main, anderen Quellen zufolge wurden die beiden im selben Jahr nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Im Januar 1943 wurde Marianne Förster zur Zwangsarbeit bei der Deutschen Reichsbahn verpflichtet, sie muss Züge säubern und Kohlenstaub verladen. Dabei kam sie in Kontakt mit französischen und belgischen Zwangsarbeiter:innen. Sie vermittelte Treffen bzw. übergab Informationen. Obwohl sie den Judenstern tragen musste und in ihren Ausweis ein „J“ für Jude gestempelt war, blieb sie vor einer Deportation verschont. Vermutlich hatte sie diesen Umstand dem kriegsbedingten Arbeitermangel bei der Reichsbahn und ihren guten Arbeitsleistungen zu verdanken. Dass sie am 25. Januar 1945 letztendlich doch verhaftet wurde, ging vermutlich auf eine Denunziation zurück. Unter menschenunwürdigen Bedingungen war sie bis zum 23. März 1945 (im jüdischen Sammellager Schulstraße) inhaftiert. Sie musste aus unbekannten Gründen operiert werden und wurde schließlich schwer krank entlassen.

Bis zum Kriegsende tauchte Marianne Förster unter, auch ihr Mann überlebte. Nach der Befreiung trat sie 1945 der wiedergegründeten KPD bei und blieb auch nach dem Zusammenschluss mit der SPD in der SED-Mitglied. Marianne Förster kämpfte jahrelang um ihre Anerkennung als Verfolgte des Faschismus. Erst 1967 bekam sie die volle Anerkennung. Bis dahin gelang es ihr nicht, die erforderlichen drei Zeug:innen für ihre illegalen Aktivitäten zu benennen. Sie verstarb am 08.10.1992 in Berlin.

Ein Artikel des AK Geschichte/Frauengeschichte der Bundesfrauenleitung.