Internationaler Tag der Familie: „Wir bleiben gespannt“

Am 15. Mai rückt der Internationale Tag der Familie wieder ins öffentliche Bewusstsein – und mit ihm die drängenden Fragen rund um Familienpolitik, Sorgearbeit und Kinderarmut.

Die EVG nutzt den Tag, um auf bestehende Ungleichheiten hinzuweisen und ihre Forderungen nach echten Verbesserungen zu unterstreichen: faire Verteilung von Sorgearbeit, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie – vor allem im Schichtdienst – und gezielte Maßnahmen gegen Kinderarmut. Zwar gibt es kleine Fortschritte, doch von echten Durchbrüchen ist die Politik weit entfernt. Die Botschaft der EVG: „Wir bleiben dran – aber auch kritisch.“

Seit 1993 findet jährlich am 15. Mai der Internationale Tag der Familie statt.

Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes sprechen von über 2 Millionen Kindern und Jugendliche in Deutschland (14,4 %) die armutsgefährdet sind. Außerdem liegt die Hauptlast von Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und Haushaltsführung nach der aktuellen Zeitverwendungserhebung trotz kleiner Fortschritte immer noch bei Frauen. Diese verbringen pro Woche durchschnittlich 9 Stunden mehr damit als Männer. „Hier sind dringend weitere Maßnahmen nötig, damit wir weiterhin und vor allem schneller Fortschritte bei der fairen Aufteilung von Sorgearbeit machen“, kommentiert Nadja Houy, Vorsitzende der EVG-Bundesfrauenleitung.

„Generell brauchen wir mehr Unterstützung für Familien und bessere Vereinbarkeiten für alle Kolleg:innen, besonders die im Schicht- und Wechseldienst sowie Alleinerziehende“, ergänzt die stellvertretende EVG-Vorsitzende Cosima Ingenschay mit Blick auf die besonderen Herausforderungen im Organisationsgebiet der EVG.

Zur Entlastung von Beschäftigten mit Kindern (und pflegenden Angehörigen) im Schichtdienst hat die EVG im aktuellen Tarifabschluss bei der DB AG die Möglichkeit geschaffen, ab 2027 0,87% des Zusatzgeldes (ZUG) in zwei zusätzliche freie Tage umzuwandeln. Dies gilt für Schichtarbeitende, wenn sie Kinder unter 12 Jahren betreuen oder Angehörige ab dem zweiten Pflegegrad pflegen (weitere Informationen hier). Für zwölf NE-Bahnen wurde bei der gemeinsamen Tarifrunde die gleiche Regelung erreicht, ebenso in separaten Tarifverhandlungen bei drei Transdev Unternehmen und der Norddeutsche Eisenbahn Niebüll. „Mit unserer Tarifarbeit nehme wir Familien in den Blick. Schon 2016 haben wir mit dem EVG-Wahlmodell eine wichtige Entlastung geschaffen. Beschäftigte können damit ihre Arbeitszeit besser an ihr Leben anpassen. Mittlerweile haben wir in vielen Unternehmen das EVG-Wahlmodell sogar zweimal erstritten an. Das zeigt: Unsere Ideen wirken“ verweist Ingenschay neben dem ZUG auf das etablierte EVG-Wahlmodell, das natürlich nur in EVG-Mehrheitsbetrieben gilt.

Mit Blick auf den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD findet sich aus EVG-Sicht leider zu wenig zu den Themen.

„Es ist natürlich zu begrüßen, dass eine Anschlussfinanzierung für das KiTa-Qualitätsgesetz kommt und ein besonderer Fokus auf Sprachförderung gelegt wird. Bessere Kinderbetreuung allein reicht aber nicht. Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, solange nichts bei der partnerschaftlichen Verteilung der Sorgearbeit passiert“, stellt Houy fest.
Die EVG hatte zur Bundestagswahl von den demokratischen Parteien eine Reform des Elterngeldes gefordert:

  • Je Elternteil sechs Elterngeldmonate exklusiv und sechs weitere Monate zur freien Aufteilung zwischen beiden Elternteilen.
  • Wenn beide Eltern die Zeit gleich untereinander aufteilen, sollten sie mit zwei zusätzlichen, frei aufteilbaren Monaten belohnt werden.
  • Bei der Berechnung des Elterngeldes sollten Pflege-/Betreuungszeiten ausgenommen werden. 

„Die Ankündigungen hier sind leider noch sehr vage, wir hoffen, dass am Ende mehr als ein Reförmchen kommt“, bleibt Ingenschay vorsichtig optimistisch.  Gleichzeitig kritisiert sie aber, dass „sowohl von der Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt als auch von Ausweitung des elternzeitbedingten Kündigungsschutzes keine Rede mehr ist, ist enttäuschend.“ Auch bei der Bekämpfung von Kinderarmut versucht sich die Koalition nur in kleinen Schritten. So sollen einige Leistungen minimal erhöht werden, der Zugang auf digitalen Wegen erleichtert und einige bürokratische Hürden abgebaut werden. „Der ganz große Wurf ist das alles nicht, aber zumindest keine Rolle rückwärts. Wir bleiben gespannt, ob am Ende wirklich mehr bei denen ankommt, die es brauchen“, bleibt Nadja Houy skeptisch. Abschließend mahnt Cosima Ingenschay an: „Auch die pflegenden Angehörigen dürfen natürlich nicht unter den Tisch fallen.“ Die EVG hatte am Internationalen Tag der Pflegenden entsprechende Maßnahmen gefordert.

Die EVG hat mehrere Checklisten speziell für Eltern entwickelt: