Grenzüberschreitender Schienenverkehr: „Europa wird greifbarer“

Es tut sich was beim grenzüberschreitenden Schienenverkehr. Die Region Grand-Est im Nordosten Frankreichs bereitet eine umfangreiche Ausschreibung vor - gemeinsam mit deutschen Partnern. Welche Chancen bietet diese Kooperation und was ist aus Arbeitnehmer*innensicht dabei wichtig? Das wurde bei einer von der EVG initiierten Diskussionsrunde in Saarbrücken erörtert.

Grenzüberschreitender Schienenverkehr - welche Region würde sich besser für eine solche Initiative eignen als die die Metropolregion Saar-Lor-Lux? Hier, im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Luxemburg, pendeln täglich 280.000 Menschen zu ihren Arbeitsstätten über die Landesgrenzen. Nur leider: oft mit dem Auto – weil auf der Schiene die entsprechenden Angebote fehlen.

Das soll sich in den 2020er Jahren nun ändern. Vor wenigen Jahren wurden in Frankreich die Regionen als Gebietskörperschaften neu gebildet. Sie sind u.a. für die Organisation des ÖPNV und SPNV zuständig. Die Region Grand-Est im Nordosten Frankreichs gibt einen Großteil ihres Budgets dafür aus und hat damit z.B. das Zugangebot in den vergangenen vier Jahren um 12 Prozent gesteigert.

Mit der nun anstehenden Ausschreibung von grenzüberschreitenden Bahnstrecken zwischen Frankreich, Luxemburg und den deutschen Bundesländern Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg soll nun der nächste Schritt getan werden. „Wir wollen die Metropolen, aber auch die mittelgroßen Städte im Stunden-, mindestens aber im 2-Stunden-Takt verbinden“, beschrieb Evelyne Isinger als Vertreterin von Grand-Est den Plan. Dabei sollen auch stillgelegte Strecken wieder reaktiviert werden. „Das ist ein ehrgeiziges Projekt, das so noch nie dagewesen ist. Europa wird damit tagtäglich greifbarer für unsere Bürgerinnen und Bürger.“

Erfahrungen mit SPNV-Ausschreibungen gibt es in Frankreich nicht – in Deutschland dafür umso mehr. EVG-Verkehrs-Experte Matthias Pippert wies in seinem Vortrag darauf hin, dass nicht der Wettbewerb für mehr Verkehr auf der Schiene sorgt. „Der politische Wille ist das Entscheidende. Und der hat in der Vergangenheit oft gefehlt.“ Der Wettbewerb könne allenfalls ein Instrument sein. „Wir wünschen uns echte Verbesserungen im Verkehrsangebot UND Respekt vor den berechtigten Interessen der Beschäftigten. Wettbewerb um bessere Konzepte und sinnvolle Innovationen - ja. Wettbewerb über den Preis - nein.“

Sollte es nach der geplanten Groß-Ausschreibung zu einem Betreiberwechsel kommen, müssten die Beschäftigten vom neuen Betreiber übernommen werden – mit allen Ansprüchen. Ralf Damde, Vorsitzender des EVG-Landesverbandes Saarland, untermauerte die Position der EVG: „Die VO 1370, die den verpflichtenden Personalübergang bei Betreiberwechsel ermöglicht, gibt es jetzt seit über 10 Jahren. Sie kommt aus Europa – und sie muss gerade im grenzüberschreitenden Verkehr angewendet werden.“ Dabei gehe es nicht nur um die Bezahlung. „Pausenräume, Waschräume, eine Kantine, ein sicherer Weg zur Arbeit - auch das sind für mich Sozialstandards.“

Hier gab Evelyne Isinger vor über 100 Besucher*innen in der Arbeitskammer des Saarlandes eine klare Zusage. „Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden mit ihrer jeweiligen Vergütung und ihren Ansprüchen übernommen. Wir brauchen Erfahrene, qualifizierte und motivierte Arbeitnehmer, da müssen wir doch ein großes Interesse daran, diese auch zu behalten.“