EVG-Frauen Stuttgart: Valentinstag mal anders

„Politik ist unweiblich“… „lerne nicht zu viel, sonst kriegst du keinen Mann“… „in diesem Kreis sind auch Sie ein Herr". Was mussten sich Frauen und ganz speziell Politikerinnen, die unser Land entscheidend geprägt und mit aufgebaut haben, von ihren zumeist männlichen Mitmenschen in der Vergangenheit alles anhören!

Ca. zehn Stuttgarter EVG-Frauen versammelten sich am Valentinstag bei Popcorn, Nachos und Cola im DGB-Gewerkschaftshaus zu einem Filmabend. In dem dokumentarischen Kino-Film „Die Unbeugsamen“ trifft selbstbewusste weibliche Energie, gepaart mit Intelligenz, Durchsetzungskraft und Cleverness, oftmals auf sexistische, altertümliche und patriarchalische Ideologie. Ausschnitte aus Parlamentsdebatten und Interviews geben trotz der Ernsthaftigkeit des Film-Themas sehr unterhaltsam die Situation der Frauen in der Politik wieder.

So äußerte sich z.B. das CSU-Mitglied Horlacher einst: „als Einzelne ist eine Frau im Parlament wie eine Blume, in der Masse wie Unkraut“. Ebenso dachten und sprachen einige männliche Politiker und Journalisten viele unpassende, „lustig“ gemeinte, jedoch sexistische Ansichten über Frauen in der Politik aus. Unter ihnen gab es auch einige Busen-Grabscher und Po-Greifer, so wie die interviewten Frauen es selbst erlebten oder zumindest bestätigen konnten. 

Egal welche Parteizugehörigkeit, im Kampf für die Gleichstellung und gegen Sexismus am Arbeitsplatz, also in den Parteigremien oder im Bundestag, hielten diese starken, unser Land mitgestaltenden Frauen zusammen, unter ihnen Frau Hamm-Brücher, Frau Klee, Christa Nickels, Frau Däubler-Gmelin, Frau Matthäus-Maier, Renate Schmidt, Petra Kelly und Frau Süssmuth. Besonders beeindruckend auch Waltraud Schoppe, die in einer Parlamentsrede für ein Gesetz gegen die Vergewaltigung in der Ehe ganz klar die Fakten benannte und das damals übliche Frauenbild anprangerte und ihren männlichen Kollegen den Spiegel vorhielt.

Negativ statt positiv besetzter Sprache, in der das Auftreten von Politikerinnen als „aggressiv und attraktiv“ beschrieben wird, anstatt als „entscheidungsstark und visionär“, so wie bei manch anderen männlichen Kollegen. 

In dem Film „Die Unbeugsamen“ wird auch erzählt, wie Rita Süssmuth (CDU) als „Quereinsteigerin“ zu dem Job als zweite Frau im Kabinett der Kohl-Regierung kam, nachdem Heiner Geißler als Familienminister das Amt wechselte und Generalsekretär wurde. Die Wahl ihrer Person stellte sich im Nachhinein nicht als das heraus, was Bundeskanzler Helmut Kohl sich erhoffte. Eine angepasste Frau war sie nicht. Gleich nach ihrer Amtseinführung in den 80-er Jahren war sie mit dem neuen Thema „HIV-Virus /AIDS“ konfrontiert. Dabei setzte sie auf Prävention und Enttabuisierung von Sexualität. Wer z.B. kennt ihn nicht, den „Helgaaaa, wat kosten die Kondome?“-Werbespot mit Hella von Sinnen? Rita Süssmuth setzte neue Akzente und ließ sich nicht mundtot machen im Machtkampf mit Kanzler Kohl, ebenso wie Angela Merkel ein paar Jahre später auch nicht. 

„Eine stumme und attraktive Frau“ und „provinziell“ zu sein, so Journalisten zu der Rolle von Hannelore Kohl als Kanzlergattin, dem sie natürlich widersprach. Sie war eine intelligente und schlagfertige Frau, die mehrere Sprachen beherrschte, ganz im Gegensatz zu ihrem Mann, oftmals unterschätzt als Kanzlergattin.

„Über Leichen gehender Machtwille“, das wollten Frauen größtenteils nicht... „Sie ist eine Könnerin, wie sie mit Macht umgeht“, so Herta Däubler-Gmelin (SPD) anerkennend über Angela Merkel (CDU) als Bundeskanzlerin und Parteivorsitzende.

Am Ende des Films noch ein weiser Aufruf an alle Frauen: 

„Frauen, wenn wir heute nichts tun, leben wir morgen wie vorgestern!“ 

Beeindruckt von den vielen weiblichen Persönlichkeiten in der Politik der letzten Jahrzehnte, tauschten wir anwesenden EVG-Frauen im Nachgang noch unsere eigenen Erfahrungen aus, egal, ob in den 70-er Jahren die eine beim Waschmaschinenkauf nach der Einwilligungserklärung des Ehemanns gefragt wurde oder die andere von der Dreifachbelastung der damaligen DDR-Frauen berichtete (Vollzeitjob + Kinder + Haushalt und wenig Mithilfe der Männer) oder sei es der Frauenanteil bei der Besetzung von EVG-Gewerkschaftsgremien in der Vergangenheit und Gegenwart.

Natürlich berichteten wir, die Ortsfrauenleitung Stuttgart, ganz aktuell von der EVG-Tarifrunde 2023 und den geplanten Aktionen. Das Fazit ist und bleibt genauso wie beim Kampf für Gleichstellung und gegen Sexismus:

GEMEINSAM GEHT MEHR! 

Übrigens...fest eingeplant sind weitere Filmabende, spätestens 2024 ...

Hier ein paar Tipps für neue feministische Filme:

1. Nelly und Nadine

2. Call Jane

3. Die Aussprache