Lautstarker Auftakt zur Tarifrunde 2023

Rund 150 Kolleginnen und Kollegen aus dem DB Werk Fulda haben am Dienstagmorgen lautstark die Tarifrunde 2023 eingeläutet. Mit Rasseln, Trillerpfeifen und Bannern waren sie vor das Tagungshotel gezogen, um die EVG-Verhandlungsdelegationen zu unterstützen. In Fulda kommen EVG und die DB AG zur ersten Verhandlungsrunde zusammen.

Cosima Ingenschay, die zusammen mit Kristian Loroch den Tarifbereich verantwortet, sagte, dass die EVG ihre Forderungen in allen Unternehmen durchsetzen wolle, mit denen in den nächsten Wochen verhandelt werde. „Wenn wir uns gemeinsam unterhaken, schaffen wir das.“

„Statt ‚Nebelkerzen‘ zu werfen, soll die DB lieber ernsthaft verhandeln“

Die EVG hatte zuvor den Versuch der Deutschen Bahn scharf kritisiert, die Forderungen zur Tarifrunde als maßlos darzustellen. Unmittelbar vor dem Beginn der Tarifverhandlungen sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch: „Ich erwarte mehr Respekt gegenüber meinen Kolleginnen und Kollegen, deren finanzielle Nöte unübersehbar sind.

Der Verhandlungsführer der DB AG täte gut daran, unserer Forderung nach einem verhandlungsfähigen Angebot schon in der ersten Runde nachzukommen, um den Menschen, die dem Unternehmen auch unter schwierigen Bedingungen noch die Treue halten, die nötige finanzielle Wertschätzung zukommen zu lassen. Das ist in Zeiten wie diesen bitter nötig“, betone Loroch. Statt „Nebelkerzen“ zu werfen, solle die Deutsche Bahn lieber ernsthaft verhandeln. 

„Unsere Kolleginnen und Kollegen in der Gebäude- oder Fahrzeugreinigung gehen nach zweijähriger Betriebszugehörigkeit mit einem Grundlohn von knapp 2.000 Euro brutto nach Hause, eine Zugbegleiterin verdient nach fünf Jahren bei der Deutschen Bahn rund 2.500 Euro brutto, da kann sich jeder vorstellen, was da nach Abzug der Steuern noch zum Leben bleibt, auch wenn der Lohn mit Zulagen aufgebessert werden kann. Es liegt in der Verantwortung der Deutschen Bahn zu verhindern, dass diese Menschen sich mit Zweit- oder Drittjobs über Wasser halten, deshalb ist unsere Forderung nach 650 Euro mehr im Monat als soziale Komponente mehr als gerechtfertigt“, stellte der EVG-Verhandlungsführer fest.

„Es überrascht mich, dass sich die DB AG erstaunt zeigt, dass eine Mindestforderung im unteren Lohnbereich für eine höhere prozentuale Steigerung sorgt – genau das ist ja der Sinn einer Mindestforderung und bei Tarifverhandlungen nicht unüblich. Gerade bei den Kolleginnen und Kollegen, bei denen der Lohn heute nicht mehr zum Leben reicht, muss künftig deutlich mehr gezahlt werden. Ansonsten droht der Exodus bei der Deutschen Bahn“, so Kristian Loroch. 

Schon heute würden viele Zug- und Busverbindungen ausfallen, weil es an einer ausreichenden Zahl an Beschäftigten fehlt, um einen reibungslosen Betrieb aufrechtzuerhalten. „Den Reisenden wird es nicht gefallen, wann das in nächster Zeit noch viel schlimmer wird“, mahnte der EVG-Verhandlungsführer. „Schon jetzt hätten viele Beschäftigte die Nase voll und drohten damit, sich andere Arbeitsplätze zu suchen, weil sie für ihre verantwortungsvolle Aufgabe zu schlecht bezahlt und sich insgesamt zu wenig wertgeschätzt fühlten. Das muss der Bahnvorstand endlich mal zur Kenntnis nehmen.“

Ein typisches Beispiel sei der Mindestlohn. Da behaupte das Unternehmen voller Stolz, ganze 65 Cent mehr zu bezahlen, als gesetzlich vorgeschrieben, verschweige aber gleichzeitig, dass es dies nur unter Zwang tue. „Wir haben dafür gesorgt, dass erst einmal klare Verhältnisse herrschen, dazu hat sich die DB AG erst auf unseren Druck hin und auch nur bis zum Abschluss eines neuen Tarifvertrages verpflichtet“, so Kristian Loroch. Die Stundenlöhne bei der DB AG sind im Bereich von Reinigung und Sicherheit so schlecht, dass sie im Tarifvertrag immer noch unter 12 Euro liegen. Das gesetzlich vorgeschriebene Niveau werde nur durch eine Zuzahlung erreicht. „Wir wollen, dass die Bahn jetzt endlich mindestens 12 Euro Stundenlohn zahlt und wir dann mit den eigentlichen Tarifverhandlungen beginnen. Die Bahn hingegen will die künftige Lohnerhöhung mit der Zuzahlung verrechnen, so dass vom Mindestbetrag, den die EVG jetzt fordert, nicht mehr viel übrig bleibt. „So geht man mit Menschen, die für Sicherheit und Sauberkeit sorgen, nicht um“, kritisierte Loroch. 

„Es gibt so viele Ungerechtigkeiten im Lohnsystem der Bahn, die wir seit Jahren schon bereinigt wissen wollen.“ Man müsse sich nur mal die Mühe machen und das Entgeltsystem aus Sicht der Beschäftigten betrachten, dann würde man die Ungerechtigkeiten sehr schnell feststellen. „Der Unmut der Betroffenen wächst, deshalb müssen wir da endlich ran, den jetzigen Zustand hat sich die Deutsche Bahn selbst zuzuschreiben. Alles Wehklagen ist selbstverschuldet“, machte Kristian Loroch deutlich. 

Für „völlig verfehlt“ hält der Verhandlungsführer der EVG die Aussagen der DB AG, das Unternehmen können den Forderungen der EVG nicht nachkommen, weil man den Ausbau der Infrastruktur finanzieren müsse. „Für uns ist klar, dass nicht nur in Material, sondern vor allem in die Menschen investiert werden muss, die den Betrieb überhaupt noch am Laufen halten. Sonst wird das nichts mit der Verkehrswende“, erklärte Loroch. Da der Verhandlungsführer der DB AG dies offensichtlich anders sehe, stelle sich die EVG auf schwierige Verhandlungen ein.