10 Jahre Fachkräfteoffensive: „Wir brauchen auch in Bayern endlich ein Vergabe- und Tariftreuegesetz“

Da hatten die Initiatoren, allen voran die EVG, den richtigen Riecher: Vor zehn Jahren startete die Fachkräfteoffensive Bayern. Was sich damals bereits abzeichnete, hat heute die Wirtschaft in Deutschland querbeet durch alle Branchen fest im Griff: der Fachkräftemangel. Am Mittwoch wurde Bilanz gezogen. Fazit: Die Fachkräfteoffensive ist eine gute Sache und wir führen sie weiter – aber die Anstrengungen, mehr Beschäftigte für die Eisenbahnen zu gewinnen, müssen intensiviert werden.

„Wir wollen die Leute animieren, auf die Bahn umzusteigen, und wir wollen mehr Güter auf die Schiene bringen – aber dafür brauchen wir qualifizierte Fachkräfte“, so umriss der bayerische Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr, Christian Bärnreiter, die aktuelle Problemlage. Denn „Eisenbahn ist zu 95 % Mensch und zu 5 % Eisen.“ Bärnreiter zog eine positive Bilanz der Fachkräfteoffensive, bei der die EVG, der Freistaat, Unternehmen, die Arbeitsagentur und die IHKen bayernweit zusammenwirken. „Die Arbeitsgruppen haben regelmäßig getagt, mit wenig Geld, aber viel Engagement. Ich freue mich, dass wir gemeinsam etwas bewegen konnten.“ 

„Es gibt 75 Eisenbahnerberufe allein bei der DB, aber in einem Ballungsraum wie München finden wir fast keine Ausbildungswilligen mehr“, so der EVG-Vorsitzende Martin Burkert. Auch er stellte heraus, dass an vielen Stellschrauben gedreht werden müsse: so beim Thema Betreiberwechsel. „Hier sind wir gut vorangekommen. Erst wenn wir überall gute Tarifverträge haben, müssen die Beschäftigten keine Angst mehr vor einem Betreiberwechsel haben.“ Notwendig dafür sei aber auch, dass Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die tarifgebunden sind. Und da hinkt ausgerechnet Bayern leider im bundesweiten Vergleich hinterher. „Wir brauchen“, so Martin Burkert, „auch in Bayern endlich ein Vergabe- und Tariftreuegesetz.“

Burkert sprach sich für mehr Schulkooperationen und -praktika aus, um junge Leute frühzeitig für die Eisenbahn und die Arbeit bei den Bahnen zu begeistern. Mit ihrer Tarifpolitik hat die EVG bereits gute Argumente geliefert, so mit dem Wahlmodell oder den Langzeitkonten. Neben der Bezahlung spielten auch die Rahmenbedingungen und „weiche Faktoren“ hierbei eine Rolle: attraktive Arbeitszeitmodelle, bezahlbarer Wohnraum, eine gut ausgestattete betriebliche Altersversorgung. Martins Fazit: „Der Fachkräftemangel bleibt eine gewaltige Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Wir sind mittendrin im Ringen um die besten Leute."