"Man kann nicht alles wegstecken"

Die Kolleginnen und Kollegen der DB Sicherheit werden immer öfter zur Zielscheibe aggressiver „Kunden“. Andreas Noack kennt das. Er arbeitet im Sicherheits- und Ordnungsdienst der DB Sicherheit. Seine Forderung: Die Politik muss das Thema Sicherheit endlich ernst nehmen.

Sicherheit in Zügen, Bussen und Bahnhöfen ist in aller Munde. Wie erlebst du die Situation? 
Es ist tägliches Gesprächsthema bei uns. Die Hemmschwelle, Gewalt anzuwenden, sinkt.  Kollegen werden bespuckt, geschubst, tätlich angegriffen, jede Woche gibt es mehrfach  solche Vorfälle. Beschimpfungen sind noch das Geringste, das man sich gefallen lassen muss. Über vieles hört man schon hinweg, obwohl das eigentlich auch ein Straftatbestand ist. Aber wenn wir das alles zur Anzeige bringen würden, würden wir mit unserer Arbeit nicht mehr vorankommen. 

Wie gehst du selbst damit um?
Ich bin jetzt bald 15 Jahre dabei, mit einem mulmigen Gefühl gehe ich eigentlich nicht mehr zur Arbeit. Ich versuche das Erlebte auf der Arbeit zu lassen, obwohl das auch nicht immer geht. Man kann nicht alles wegstecken.

Du bist im Sicherheits- und Ordnungsdienst – was genau ist euer Job?
Unser Einsatzgebiet sind die Bahnhöfe und Züge in Berlin, vor allem natürlich die S-Bahn. Wir sorgen für Sicherheit und Ordnung und geben den Reisenden ein Gefühl der Sicherheit. Wir sind aber auch Ansprechpartner für Reisende, wir geben Auskünfte, helfen beim Ein- und Aussteigen. Gerade bei der S-Bahn sind die Aufsichten fast ganz abgebaut worden, es gibt kaum noch Personal auf den Bahnhöfen. Und somit sind wir von DB Sicherheit teilweise die einzigen, die vor Ort sind.

„Viele Menschen sind frustriert über Dinge, die sie nicht ändern können.“

Andreas Noack, Sicherheits- und Ordnungsdienst

Was ist deiner Meinung nach der Grund für die zunehmende Aggressivität?
Sicher kommt zum Tragen, dass in den öffentlichen Verkehrsmitteln viele Menschen zusammenkommen. Aber grundsätzlich ist es ein gesellschaftliches Problem. Viele Menschen sind frustriert über Dinge, die sie nicht ändern können. Die Leute sind unzufrieden, weil sie zu wenig Mitspracherecht haben. Und das führt dazu, dass sie bei jeder Konfliktsituation ausrasten. Der angestaute Frust wird dann besonders  auf Polizeibeamte oder Beschäftigte der Bahnunternehmen losgelassen – meist auf Uniformträger.

Du hast dich deswegen mit einem Brief an den Innenminister von Brandenburg und an den Verkehrsverbund VBB gewandt…
Mein konkretes Anliegen war, dass wir auf dem Weg zur Arbeit als Sicherheitspersonal in den Zügen die Fahrkarte  bezahlen müssen, obwohl wir Sicherheitsleistungen auch für die Verkehrsunternehmen erbringen. Ich arbeite in Berlin und wohne in der Nähe von Cottbus. Das sind zwei Stunden hin und zwei zurück. Bei der Landes- und der Bundespolizei ist es ja auch möglich, dass sie kostenlos befördert werden. Auch bei DB Regio gibt es so eine Regelung, aber DB Regio fährt auf meiner Strecke nicht. Wenn der Staat erkannt hat, dass mehr Sicherheitspersonal gebraucht wird, wäre das eine gute Lösung. Es kann nicht jedes EVU alleine schaffen, für Sicherheit zu sorgen, deswegen ist auch der Staat gefordert.

Was müssten Unternehmen, Verbünde und Politik tun?
Es müsste in den Ausschreibungen von vornherein festgelegt werden, wie viel Sicherheitspersonal mitfährt und mit welchen Qualifikationen. Da müssten schon die Standards der DB Sicherheit  angeglichen werden. Es kann nicht sein, dass alles auf die Zugbegleiter abgewälzt wird.