Mit einem Ausblick auf den weiteren Verlauf der aktuellen Tarifrunden ist der erste Tag des Kleinen Gewerkschaftstages der EVG zu Ende gegangen. In der Entgeltrunde bei der DB AG „werden wir keinen Abschluss ohne Wahlmodell haben“, sagte die Stellvertretende Vorsitzende Regina Rusch-Ziemba.
Jeder Beschäftigte solle selber entscheiden: 2,5 % mehr Geld, eine Stunde weniger Arbeit pro Woche, oder sechs Tage mehr Urlaub. Diese Forderungen hat die EVG aus den Ergebnissen einer Mitglieder-befragung entwickelt, an der sich rund 15.000 Mitglieder beteiligt haben. „Die Kolleginnen und Kollegen wissen, dass wir die Mitgliederbefragung ernst nehmen.“ Das Wahlmodell sei daher „nicht verhandelbar.“
Aus Sicht der EVG könne daher bei der übernächsten Verhandlungsrunde am 8. Dezember bereits ein Abschluss erzielt werden. Ansonsten sei eine Eskalation nicht zu verhindern. „Wenn wir nicht zum Abschluss kommen, kann es sein, dass wir am 9. Dezember auf euch zukommen und sagen: Holt schon mal die Winterstiefel raus.“
Was für uns auch nicht verhandelbar ist: Der Abschluss wird nicht nur für den Bereich der Funktionsgruppen, sondern auch für andere Unternehmen im DB-Konzern gelten. „Da wird kein Blatt Papier dazwischen passen. Wir lassen niemanden aus der Eisenbahnerfamilie zurück.“
Wir wollen den bestehenden Branchentarifvertrag weiterentwickeln und haben deshalb den neuen Namen Branchentarifvertrag SPNV+ gewählt.
Die zweite große Tarifrunde der EVG ist die Weiterentwicklung des Branchentarifvertrags SPNV. „Wir wollen den bestehenden Branchentarifvertrag weiterentwickeln und haben deshalb den neuen Namen Branchentarifvertrag SPNV+ gewählt.“ Das Ziel: Die Bezahlung der SPNV-Beschäftigten soll mindestens auf dem Niveau liegen, das bereits heute für die meisten Beschäftigten in der Branche gilt. Höherliegende Abschlüsse sind weiterhin möglich. Darüber hinaus sollen auch die Anerkennung der Beschäftigungsjahre und eine faire Personalübernahme bei Betreiberwechsel geregelt werden. „Da wird ein dickes Brett zu bohren sein, aber gemeinsam mit unseren Mitgliedern in der SPNV-Branche werden wir das schaffen.
Zuvor hatte der Stellvertretende Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel die Forderungen der EVG zum Thema Arbeitszeit untermauert. „Die Unzufriedenheit der Kolleginnen und Kollegen ist groß, deshalb verlangen wir jetzt hier schnelle Lösungen. Wir beginnen mit DB Fernverkehr. Wir erwarten, dass wir hier bis Ende des Monats zu einer Regelung kommen.“ Die EVG will in den Tarifverträgen künftig nur noch die Rahmenbedingungen regeln - die konkrete Ausgestaltung im Sinne der Beschäftigten obliegt den Betriebsräten.
Denn die Lage ist „katastrophal“, so Martin Ludwig vom Gesamtbetriebsrat DB Fernverkehr. „Wenn ich meine Freizeit vernünftig planen will, dann muss ich sie kennen. Und das können wir derzeit nicht.“ Die individuellen Wünsche der Beschäftigten würden immer unterschiedlicher werden. „Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die kein Problem mit kurzen Schichten haben, weil sie direkt am Bahnhof wohnen. Aber wer anderthalb Stunden Anfahrtsweg hat, der will keine kurzen Schichten. Deshalb führt an einer Individualisierung der Arbeitszeit kein Weg vorbei.“
Ein Positivbeispiel berichtete Achim Schraml von Regionalbus Ostbayern (RBO). Eines der größten Ärgernisse für Busfahrerinnen und Busfahrer sind die geteilten Schichten, bei denen von 14 Stunden nur 7-8 bezahlt werden. Der RBO-Betriebsrat konnte diese durch ein riskantes, in diesem Fall aber erfolgreiches Mittel minimieren: durch eine Einigungsstelle. „Auch dort wollte der Arbeitgeber nicht verhandeln, er brachte seine Anwälte mit. Wir sind dagegen in die Diskussion gegangen und haben uns so schließlich mit unseren Argumente durchsetzen können.“ Maximal zwei geteilte Schichten pro Woche, so lautete der Spruch der Einigungsstelle. In der Folge hat der RBO-Betriebsrat durchgesetzt, dass es bis auf wenige Ausnahmen gar keine geteilten Dienste mehr gibt, „und die Ausnahmen sind solche Dienste, die die Kollegen auch wollen.“