„Der größte Feind der Mitbestimmung ist eine schlechte Wahlbeteiligung.“

Damit hat die 5. Bundeskonferenz der EVG wohl „ihr Bild“. Wir steigen in den Ring für euch - das zeigten die rund 160 Teilnehmenden mit ihrer Gruppenaktion. Damit gibt die Konferenz zugleich den Startschuss für die Betriebsratswahlen 2026.

„Wir haben drei Wahlen nächstes Jahr“, so hatte der stellvertretende EVG-Vorsitzende Kristian Loroch den Themenblock eingeleitet. 2026 werden nicht nur die Betriebsräte neu gewählt, sondern auch die Jugend- und Auszubildendenvertretungen und die Vertrauenspersonen der Schwerbehinderten. Die drei Wahlen finden zwar nach unterschiedlichen Regularien statt, die Vorbereitungen aber werden hinter den Kulissen eng miteinander koordiniert.

Denn sie weisen auch eine Gemeinsamkeit auf und Kristian benannte sie klar: „Der größte Feind der Mitbestimmung ist eine schlechte Wahlbeteiligung.“ Denn sie schwächt die demokratische Legitimation der Gremien. Deswegen müsse die EVG in den Betrieben in den kommenden Monaten um jede Stimme kämpfen. „Laut schreien ist das eine, Verantwortung übernehmen ist das andere. Die einzige Währung, die für uns Gewerkschaften zählt, ist die Verbindlichkeit gegenüber unseren Kolleg:innen, dass wir sie ordentlich vertreten.“

Die EVG habe sich dafür zahlreiche Themen benannt. Die Sicherheit vor Übergriffen am Arbeitsplatz ist da ein wichtiges Thema, aber auch Schallschutz in den Werken, vernünftige Sozialräume, „das sind die scheinbar kleinen Themen, die aber für die Kolleg:innen oftmals die großen Themen sind.“ Die kommenden sieben Monate bis zum „großen“ Wahltag bei der DB AG werde eine Herausforderung werden, so Kristian. „Es läuft nicht alles rund in unseren Unternehmen, unsere Kolleg:innen sind jeden Einsatz wert.“

„Wahlkampf bedeutet nicht den Kampf gegen andere Listen, sondern den Kampf um jede einzelne Stimme.“

Kristian Loroch, Stellvertretender EVG-Vorsitzender

Nach einem spannenden Input von Mathias van Heinzelmann aus dem Beraternetzwerk OrKa, der die breite Palette an Möglichkeiten aufzeigte, Aufmerksamkeit für die Betriebsratswahlen zu schaffen, gab eine Podiumsdiskussion einen Einblick in den Maschinenraum von Wahlkämpfen.

„Wir müssen es schaffen, unsere Mitglieder an die Wahlurne zu bringen - und zwar indem wir vor Ort präsent sind und ein Gesicht haben“, so die Auffassung von Jürgen Lenz, erfahrener Betriebsrat bei DB Regio. „Und im Wahlkampf müssen wir noch präsenter sein als sonst.“ Im Wahlkampf könne es nicht darum gehen, die EVG mit anderen Gewerkschaften zu vergleichen. „Wir sind eigenständig, wir haben unser Profil, unsere Themen und unsere Argumente. Wir machen z.B. eine gute Tarifarbeit, und wir können selbstbewusst da rangehen.?

„Am Anfang wurden wir ausgelacht wegen der Beschäftigungssicherung. Aber inzwischen haben die Leute erkannt, dass das vorausschauendes tarifpolitisches Handeln war.“

Michelle Reitmayer, EVG-Kandidatin BR-Wahlen

Bereits gewählt wurde bei DB Systel, und hier konnte die EVG trotz mehrerer konkurrierenden Listen die absolute Mehrheit erreichen - und nebenbei wurde auch die Wahlbeteiligung von 31 auf 44 Prozent gesteigert. Mit welchem Rezept? „Wir sind als Team aufgetreten und haben extra Trikots für uns anfertigen lassen“, berichtete EVG-Kandidatin Michelle Reitmayer. „Das haben wir überall getragen, in der Kantine, bei Video-Calls. Und dieses Trikot hat mir auch den Rücken gestärkt. Ich habe auch stets signalisiert: Ich bin nicht nur Michelle, ich bin deine Kandidatin, sprich mich an.“

Auch hätten die EVG-Kolleg:innen im Betriebsrat in den vergangenen 3 ½ Jahren „so viele Einzelberatungen durchgeführt wie noch nie. Und jedes Mal, wenn wir für jemanden etwas erreichen wollten, war das nicht nur an sich ein Erfolg, sondern wir haben auch einen potenziellen Wähler gewonnen.“ Der Wahlkampf bei DB Systel wurde überwiegend digital geführt, und auch hier wieder mit guten Argumenten z.B. aus der EVG-Tarifpolitik. „Am Anfang wurden wir ausgelacht wegen der Beschäftigungssicherung. Aber inzwischen haben die Leute erkannt, dass das vorausschauendes tarifpolitisches Handeln war.“

Eingeleitet wurde der Tag durch die stellvertretende EVG-Vorsitzende Cosima Ingenschay. Sie warf zunächst einen Blick zurück auf den ersten Konferenztag - und gab eine Ortsbestimmung zu DB Cargo. „Am Tag nach dem Stahlgipfel kann man es noch einmal betonen: Gerade im Bereich Stahl wird der Einzelwagenverkehr immer wichtiger. Wenn der EV redimensioniert wird, wie es heute heißt, dann wird das immer mehr auch zum Problem für die Stahlindustrie.“ Immerhin: der neue Cargo-Chef Bernhard Osburg „kommt aus der Stahlindustrie und weiß, wie wichtig der Einzelwagenverkehr ist."

„Am Tag nach dem Stahlgipfel kann man es noch einmal betonen: Gerade im Bereich Stahl wird der Einzelwagenverkehr immer wichtiger.“

Cosima Ingenschay, Stellvertretende EVG-Vorsitzende

Cosima rekapitulierte noch einmal die Entwicklungen, die zur - von der EVG geforderten - Abberufung von Ex-Cargo-Chefin Nikutta geführt hatten. Mit dem Wechsel an der Unternehmensspitze sei jetzt die Chance für einen Neuanfang gegeben. „Es kann nicht nur darum gehen, Ende 2026 eine schwarze Null zu erreichen. Wir müssen jetzt darüber nachdenken, wie soll DB Cargo in zehn Jahren aufgestellt sein und womit soll das Unternehmen Geld verdienen?“ Es müsse ein Zielbild entwickelt und von diesem ausgehend die Maßnahmen entwickelt werden, die wir brauchen, um es zu erreichen.