Der Gesamtbetriebsrat DB Fernverkehr hat den Zumutungen aus den Dienst- und Einsatzplänen den Kampf angesagt. Eine neue Gesamtbetriebsvereinbarung soll für familienfreundlichere Dienstpläne und für mehr Planbarkeit sorgen. Mitte Januar hat der Arbeitgeber erste Zusagen gemacht. Ein Interview mit dem GBR-Vorsitzenden Ludwig Koller.
Was ist das Ziel der neuen Gesamt-Betriebsvereinbarung?
Die derzeit noch gültige GBV Carmen enthält zwar Regelungen, die zeitlos, wichtig und damit richtig sind. Insgesamt aber wird sie nicht mehr den Ansprüchen an eine moderne Arbeitswelt gerecht. Wir wollen die guten Lösungen bewahren - und gleichzeitig das gesamte Regelwerk zur neuen Arbeitswelt hin öffnen.
Welche Kernpunkte wird sie enthalten?
Unsere Vorstellungen fassen wir in drei Abschnitten zusammen: Allgemeine Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung (Schicht- und Einsatzplanung), Grundsätze des Beteiligungsverfahrens und drittens Konfliktmanagement. Höchste Priorität hat dabei jedoch der Punkt 1. Hier spielt die Musik für über 10.000 Beschäftigte im unregelmäßigen Wechseldienst beim Fernverkehr. Zum Beispiel: Eine auswärtige Ruhezeit und danach ein Dienstende um 23.48 Uhr ist unerträglich. Mütter und Väter sehen über drei Tage lang ihre Kinder nicht. Wo leben wir denn?
Ein erster Schritt ist bereits getan…
Ja, wir konnten bereits Zusagen zu Verbesserungen erreichen. Ich greife einige dieser Punkte heraus. Unter anderem wird verbindlich geregelt, dass der Arbeitgeber alle veröffentlichten Ruhetage nur mit Zustimmung des Beschäftigten verändern kann. Ersatzruhetage müssen direkt mit dem Beschäftigten besprochen werden. Zweitens: Verändert sich die Schicht auf Grund einer Baustellenumplanung um mehr als 90 Minuten, gilt das nunmehr als erhebliche Änderung. Es wird eine jährliche Obergrenze je Mitarbeiter für diese erheblichen Änderungen geben. In Härtefällen können Beschäftigte Schichtveränderungen ablehnen, z.B. wenn dadurch wichtige persönliche Termine nicht wahrgenommen werden können. Darüber hinaus sollen Informationen über Planungsänderungen so früh wie möglich erfolgen. Unser Ziel: mindestens sieben Tage vorher. Und: Bei jeder erheblichen baustellenbedingten Änderung oder der freiwilligen Aufgabe bzw. Verschiebung eines Ruhetages gibt es in Zukunft eine finanzielle Entschädigung. Bislang erhielten die Kolleginnen und Kollegen in diesen Fällen gar nichts. Diese Themen sollen nun in einer Gesamtbetriebsvereinbarung festgehalten werden. Das kann nur der Beginn eines Weges in die richtige Richtung sein. Wir werden ständig im Verhandlungsmodus bleiben.
Ich glaube fest daran, dass wir Betriebsräte die einzig richtigen Ansprechpartner für die Ausgestaltung des bestehenden Tarifvertrags sind.
Ludwig Koller, GBR-Vorsitzender
Wie schwierig waren bzw. sind die Verhandlungen?
Auf beiden Seiten bestand das Bewusstsein: Eine Veränderung muss kommen. Beim Arbeitgeber schwindet der Wille dazu allerdings deutlich, wenn es um Produktivitätsverluste geht… Für uns kommt es darauf an, mit neuen Wegen zufriedenere Beschäftigte zu bekommen.
Kommt damit auch neue Verantwortung auf die Betriebsräte zu?
Unsere örtlichen Betriebsräte haben schon immer mit sehr viel Verantwortungsbewusstsein ihre Mitbestimmung eingesetzt. Worauf es künftig noch stärker ankommen wird, ist das gemeinsame und mehr miteinander abgestimmte Vorgehen. Wir müssen weg vom „Einzelkämpfertum“ hin zu konzertierten Aktionen. Ich glaube ganz fest daran, dass wir Betriebsräte die einzig richtigen Ansprechpartner für die Ausgestaltung des bestehenden Tarifvertrags sind.