Wir haben eine Riesen-Verantwortung!

Das zweite BFW-Seminar des Landesverbandvorstandes Sachsen-Anhalt wurde ebenfalls überwiegend im Bildungszentrum Erkner abgehalten. Für einen Programmteil der Bildungswoche ging es jedoch nach Berlin-Mitte. Der Besuch der Jüdischen Synagoge war ein, wenn nicht DAS Highlight der Seminarwoche.

Es war ein Ausflug mit ordentlich-geschichtlichem Tiefgang. Ausgangspunkt dafür war, wie beim vorangegangenen Durchlauf, das Bildungszentrum Erkner. Die Inhalte des Seminars sollten mit dem der ersten Runde identisch sein. Geleitet wurde es von Dieter Posner, Mitglied im Bundesvorstand für die Senioren Süd-Ost. Er hatte bereits ausführlich darüber berichtet.      

Am zweiten Tag des durch die EVA-Akademie organisierten Seminars, erwartete die Teilnehmer:innen eine Führung durch die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße. „Zum Ruhme Gottes und zur Zierde der Stadt“: mit diesen Worten wurde das Haus am 5. September 1866 eingeweiht. Sie war das weithin sichtbare Symbol einer modernen jüdischen Gemeinschaft, die damals rund 28.000 Mitglieder allein in Berlin zählte. Ausgestaltung und Größe machten sie von Beginn an zu einer Sehenswürdigkeit der Stadt. 

Allerdings sahen Antisemiten in ihr eine reine Provokation. Die orientalische Pracht des Gebäudes empfanden sie als fremdartig und unerträglich und forderten den Ausschluss der Juden aus dem Leben der Stadt. Diese sich daraus entzündende Debatte war Teil eines Antisemitismus, der in letzter Konsequenz zum Mord an den europäischen Juden geführt hatte. Unter den Opfern waren mehr als 50.000 Berliner Jüdinnen und Juden.  

Die Führung ließ uns tief in die Gebräuche, das Leben und den Glauben der jüdischen Religion blicken. Viele geschichtliche Hintergründe und Geschichten hinterließen bei uns nachhaltige Eindrücke. Bei allen Teilnehmer:innen dieses Tages verfestigte sich erneut die Haltung, „wir haben eine Riesen-Verantwortung“ der Geschichte, wie den nächsten Generationen gegenüber. 

„Holocaust ist nicht nur ein Wort“, so Henning lange, Vorsitzender des LV Senioren von Sachsen-Anhalt. „Das Thema wird mit zunehmendem zeitlichen Abstand zu den Geschehnissen während der NS-Zeit, immer wichtiger“. In unserem Land würden mit einer gewissen Selbstgefälligkeit, Naivität oder aus Irrglauben heraus oft Rote Linien überschritten, die aus seiner Sicht nicht akzeptabel sind. „Dagegen hilft nur Aufklärung“, so Lange.  

Die EVG trägt u.a. durch solche Seminare dazu bei, Antisemitismus, Gewalt und Vorurteile gegen Andersdenkende und/oder religiöse Menschen zu ächten. 

Antisemitismus darf nicht einen Millimeter gesellschaftliche Akzeptanz erfahren. Dafür braucht es Wissen über das Judentum und Verständnis für die Religion selbst. Für die Teilnehmer:innen des Seminars war es nach der Führung erneut unerklärlich, dass ein Gotteshaus auch noch im Jahr 2022 wie ein Hochsicherheitstrakt dauerhaft bewacht werden muss.   

Eine der Seminarteilnehmerin brachte ihre Gefühlsregung auf ihre Art auf den Punkt: „Jede:r mit ‚gefährlichem Halbwissen‘ oder behaftet mit Vorurteilen über das Judentum, sollte dieses Haus in guter Absicht besuchen."