Gewerkschaftlich denken, europäisch handeln: EVG-Mitglieder zu Besuch im Europäischen Parlament
Anfang April reiste eine Gruppe engagierter EVG-Mitglieder nach Straßburg, um europäische Politik nicht nur zu hören, sondern zu erleben. Teilgenommen haben Kolleginnen und Kollegen von Abellio, DB Regio Halle, DB InfraGo Netz Halle, DB Fahrzeuginstandhaltung und Start Mitteldeutschland.
Ein breites Spektrum aus verschiedenen Bereichen der Eisenbahnwelt, verbunden durch ein gemeinsames Ziel: den Blick über den nationalen Tellerrand zu richten und zu erfahren, wie europäische Entscheidungen das Arbeitsleben beeinflussen.
Mit dem Bus ins Herz Europas
Die Reise begann am Dienstagmorgen in Halle. Mit dem Bus ging es nach Straßburg - mit an Bord: viel Vorfreude, politische Neugier und Lust auf Austausch. Am Abend erkundete die Gruppe die historische Altstadt, genoss erste Eindrücke der Stadt und ließ den Tag bei einem gemeinsamen Abendessen in entspannter Atmosphäre ausklingen.
Straßburger Bahnhof als Sinnbild europäischer Mobilität
Der Mittwoch startete mit einem Besuch des imposanten Straßburger Bahnhofs. Die futuristische Glaskuppel, das Zusammenspiel aus Moderne und Tradition - und nicht zuletzt die Einfahrt eines TGV - hinterließen Eindruck. In einem kurzen Gespräch mit einer französischen Eisenbahnerin wurde deutlich: Die Herausforderungen im Bahnalltag ähneln sich europaweit.
Anschließend ging es in die Stadt. Einige erklommen die 332 Stufen des Münsters und wurden mit einem weiten Blick über Straßburg belohnt. Andere genossen französische Spezialitäten auf dem Wochenmarkt oder schlenderten durch die Gassen der Altstadt - ein Moment zum Durchatmen vor dem politischen Teil des Tages.
Politik zum Anfassen: Besuch im Europäischen Parlament
Am Nachmittag stand der Besuch des Europäischen Parlaments auf dem Programm. Nach einer Führung durch das Gebäude erhielten die Teilnehmenden eine Einführung in Struktur und Arbeitsweise des Parlaments. Im Anschluss daran folgte der persönliche Austausch mit Sabrina Repp, SPD-Europaabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern, die im Parlament auch Sachsen-Anhalt mit vertritt.
In offener und wertschätzender Atmosphäre hörte Repp aufmerksam zu, als Kolleginnen von ihren betrieblichen Erfahrungen berichteten. Die Vertreter:innen der DB Fahrzeuginstandhaltung machten deutlich, wie stark der aktuelle Leistungsrückgang in anderen Konzernbereichen auf die Instandhaltung durchschlägt. Sinkende Aufträge setzen viele Werke unter Druck.
Frank Strowicki, Vorsitzender der Betriebsgruppe, formulierte es deutlich: „In vielen Werken bricht die Leistung weg und es ist noch kein Ende in Sicht. Bereits heute sind Arbeitszeitverkürzungen und interner Personalausgleich (IPA) die bittere Realität, mit der viele unserer Kolleginnen und Kollegen täglich konfrontiert sind.“
Die Botschaft war klar: Die DB Fahrzeuginstandhaltung darf kein Sanierungsfall werden - hier braucht es frühzeitig politische Aufmerksamkeit, Unterstützung und klare Perspektiven. Auch die Kolleg:innen von Start Mitteldeutschland und DB Regio berichteten eindrücklich von den Herausforderungen in einem TEG-geführten Betrieb – insbesondere beim Thema Tarifbindung und Mitbestimmung.
Das anschließende Gruppenfoto vor der Europa-Fahne setzte ein starkes Zeichen für Zusammenhalt und gewerkschaftliche Präsenz auf europäischer Ebene.
Demokratie live: Debatte über Grundrechte in Ungarn
Ein besonderer Höhepunkt war die Teilnahme an der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments. Dort wurde die Lage der Grundrechte in Ungarn diskutiert. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán greift zunehmend zu repressiven Maßnahmen - zuletzt wurde die Pride-Parade der LGBTQI-Bewegung verboten.
Mehrere Abgeordnete verurteilten diese Entwicklung scharf und warfen Orbán vor, grundlegende europäische Werte wie Gleichberechtigung und Meinungsfreiheit gezielt zu untergraben. Besonders seine Aussage, es gebe „nur zwei Geschlechter“, sorgte für Empörung. Die Debatte zeigte eindrucksvoll, wie notwendig es ist, Grundrechte auch innerhalb der Europäischen Union aktiv zu verteidigen.
Ein Abend der Begegnung
Im Anschluss an den offiziellen Teil des Tages lud Sabrina Repp die Gruppe zum gemeinsamen Abendessen ein. In entspannter Atmosphäre wurde der Austausch vertieft, Eindrücke geteilt und Fragen weitergedacht. Auch hier war spürbar: Der Dialog zwischen politischer Ebene und betrieblicher Realität ist keine Einbahnstraße - sondern Voraussetzung für gelebte Demokratie.
Gewerkschaftlich denken, europäisch handeln
Am Donnerstag ging es zurück nach Halle - im Gepäck: viele politische Impulse, neue Perspektiven und ein gestärktes Bewusstsein für den Wert demokratischer Mitbestimmung. Ein herzliches Dankeschön an alle, die diese Reise organisiert und begleitet haben. Sie war mehr als ein Besuch in Straßburg – sie war ein klares Zeichen für Zusammenhalt, politische Wachsamkeit und gewerkschaftliche Verantwortung über nationale Grenzen hinweg.