EVG fordert digitale Fahrerkarte, mehr Kontrollen und einheitliche Ausbildung

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat das Unternehmen ERS aufgefordert, bis Freitag, 15. August 2014, deutlich zu machen, dass der Lokführer, der in Mannheim Haltesignale missachtet und dadurch einen Zusammenstoß mit einem Eurocity verursacht hatte, über die notwendigen Qualifikationen zum Fahren des Güterzugs verfügt.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat das Unternehmen ERS aufgefordert, bis Freitag, 15. August 2014, deutlich zu machen, dass der Lokführer, der in Mannheim Haltesignale missachtet und dadurch einen Zusammenstoß mit einem Eurocity verursacht hatte, über die notwendigen Qualifikationen zum Fahren des Güterzugs verfügt.

„Wir wollen nicht nur wissen, welche Befähigungen und Streckenkenntnisse der Lokführer vorweisen kann, sondern auch, wie lange dieser im Dienst war und wann er welche Pausen eingelegt hat“, machte das zuständige Vorstandsmitglied der EVG, Reiner Bieck, deutlich. Die EVG behalte sich rechtliche Schritte gegen das Unternehmen vor, falls die Antworten unbefriedigend ausfallen oder gar verweigert würden.

Einheitliche Ausbildung gefordert
Vorfälle wie der in Mannheim provozierten nicht nur in der Öffentlichkeit die Frage, ob die bislang gültigen Regeln und Vorschriften ausreichen, um die Sicherheit im Eisenbahnverkehr weiterhin zu gewährleisten. So kritisiere die EVG schon seit langem, dass es keine einheitlichen Standards und Regularien für die Ausbildung zum Beruf des Lokführers gäbe. „Wir fordern eine bundeseinheitliche Prüfungsverordnung, in der eine Mindestausbildungsdauer, die Prüfungsanforderungen aber auch die Qualifikation der Prüfer festgeschrieben wird“, machte EVG-Vorstand Reiner Bieck deutlich. Alles andere werde hohen Ansprüchen an den Beruf des Lokführer nicht gerecht.

Elektronische Fahrerkarte
Gleichzeitig setze sich die EVG für eine so genannte elektronische Fahrerkarte ein. Anders als im Lkw- oder Busbereich werden die Fahr- und Ruhezeiten eines Lokführers nirgendwo erfasst. „Das lädt schwarze Schafe zu Missbrauch gerade zu ein, zumal es auch an den entsprechenden Kontrollen mangelt“, kritisierte Reiner Bieck. Insbesondere in kleineren Unternehmen oder bei Personaldienstleistern, die Lokführer an Verkehrsunternehmen verleihen, gäbe es keine Gewerkschaften und Betriebsräte, die über die Einhaltung bestehender Arbeitszeitvorschriften wachen würden. „Wir sehen hier dringenden Handlungsbedarf, insbesondere um Lokführer vor möglichen Begehrlichkeiten ihrer Arbeitgeber zu schützen“, so EVG-Vorstand Reiner Bieck
Auf einer elektronischen Fahrerkarte könnten alle Fahr- und Ruhezeiten digital erfasst werden, zudem die jeweiligen Qualifikationen und Befähigungen eines jeden Lokführers, bis hin zum Nachweis der notwendigen Streckenkenntnis.

Politik hat kein Interesse daran
Politisch sei ein solches Vorgehen aber nicht gewollt. So werde seitens des Bundesverkehrsminister im Hinblick auf die von der EVG geforderte europaweite Einführung allein die Frage nach dem Kosten-/Nutzen-Verhältnis, nicht aber die der Prävention oder Vorbeugung gestellt. Getreu dem Motto: Bislang ist ja noch nicht viel passiert. „Das halten wir für fatal“, so Reiner Bieck.

Ähnlich würden die Verkehrsminister in ganz Europa vorgehen. So habe das Europäische Parlament in seiner 1. Lesung zum umstrittenen 4. Eisenbahnpaket die EVG-Forderung nach einer Kontrolle der Fahr- und Ruhezeiten mittels einer elektronischen Fahrerkarte aufgenommen, diese sei aber anschließend von den Verkehrsministern wieder aus dem Paket herausgenommen worden.

Kritik an selbstständigen Lokführern
EVG-Vorstand Reiner Bieck machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass in Deutschland schon seit einiger Zeit auch „Selbstständige Lokführer“ ihre Dienste anbieten würden. Diese arbeiteten als „Freelancer“ auf eigene Rechnung und hätten schon deshalb ein Interesse daran, an Fahraufträgen mitzunehmen, was immer sich anbietet. „Dass die politisch Verantwortlichen diese Grauzone nicht Regeln und lieber die Augen verschließen, ist für uns völlig unverständlich“, machte Bieck deutlich.

Durchgängige Kontrollen
Angesichts der zunehmenden Benachteiligung des Verkehrsträgers Schiene – etwa durch Absenkung der Lkw-Maut und gleichzeitigen Mehrbelastungen durch die EEG-Umlage – sagte EVG-Vorstand Reiner Bieck einen sich weiter verschärfenden Wettbewerb im Güterverkehr voraus. Schon heute werde mit jedem Cent gerechnet, um weiter am Markt agieren zu können. Umso wichtiger sei es, dass – sowohl auf der Straße, wie auch auf der Schiene – die Einhaltung bestehender Vorschriften überwacht werde. Allerdings gebe es keine vernünftigen Kompetenzen und Zuständigkeiten

„Hier sind pragmatische Lösungen gefordert, die den besonderen Belangen des Eisenbahnverkehrs gerecht werden, die natürlich Geld kosten und entsprechend geschultes Personal erfordern, die aber die Sicherheit im Bereich der Schiene, auf die wir alle großen Wert legen, weiterhin gewährleisten“, machte EVG-Vorstand Reiner Bieck deutlich.

Es gelte, frühzeitig erkennbaren Fehlentwicklungen energisch und entschlossen entgegen zu treten. Die EVG wolle mit ihrem Engagement die derzeitigen hohen Standards erhalten und damit auch die qualifizierten Arbeitsplätze der Lokführer sichern, die ansonsten schon sehr bald durch Dumpinganbieter in Frage gestellt würden. „Das“, so Reiner Bieck“, werden wir als Gewerkschaft, die die Interessen aller Beschäftigten vertritt, nicht zulassen.