Droht das Aus für die DB Lounge in Bremen? EVG und Beschäftigte kämpfen um Erhalt

Die ersten „Orientierungsgespräche“ werden bereits geführt, dabei gibt es offiziell noch gar keine Entscheidung, was aus der Lounge im Bremer Hauptbahnhof werden soll. Inoffiziell heißt es jedoch, dass zum 31.12.2025 Schluss sein soll.

Roland Ditte, stellvertretender Vorsitzender des Bremer Landesverbands

„Man wolle sich mit den Lounges künftig auf die für den Fernverkehr strategisch wichtigsten Knotenbahnhöfe konzentrieren“, wird eine Bahnsprecherin in einem Internetforum zitiert. Vor diesem Hintergrund sei beabsichtigt, die kleinsten Standorte mit den niedrigsten Besucherzahlen zu schließen. In den Fokus rücken damit Essen und Bremen - eigentlich auch Dresden, doch über die Lounge in Sachsens Hauptstadt spricht derzeit niemand.

In der Hansestadt Bremen wären sechs Kolleginnen betroffen. Eine davon ist Olga Mohr. „Meine Kolleginnen und ich waren schockiert, als wir davon erfahren haben.“ Sie alle schätzen ihren Arbeitsplatz: „Wir haben eine tolle Atmosphäre, sind ein klasse Team.“ Warum den Reisenden die Möglichkeit eines entspannten Aufenthalts vor oder nach einer Bahnreise genommen werden soll, ist für sie unverständlich. Wichtig sei zudem das Thema Toilette: Diese sei in der Lounge stets sauber und kostenfrei benutzbar.

Aus Sicht der Beschäftigten gibt es in der Lounge nur wenig Leerlauf. „Fahrgäste sind eigentlich immer da“, erklären sie. Und die kämen gerne, biete die Lounge doch eine willkommene Gelegenheit, in der Hektik einer Bahnreise kurz zu entspannen. Es gebe viele Stammgäste, aber auch Durchreisende schauten gerne vorbei.

Rund 4.700 Besucher seien es durchschnittlich im Monat, ergänzt Dirk Bohlmann, Leiter der EVG-Geschäftsstelle in Bremen. Er macht deutlich, dass die Lounge nicht nur Komfort, sondern auch Sicherheit biete. „Leider ist die Kriminalitätsrate in Bremen relativ hoch“, bedauert er. Reisenden mit Zutritt zur Lounge böte sich so ein geschützter Raum. Ein Aspekt, der in der aktuellen Diskussion nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, auch wenn man darüber nur ungern spreche.

Für ihn wie auch für den stellvertretenden Vorsitzenden des Bremer Landesverbands, Ronald Ditte, gibt es zudem einen wichtigen politischen Aspekt: Es wäre ein fatales Signal, wenn auch Bremen zu den Bundesländern gehören würde, die ohne DB-Lounge auskommen müssen – denn damit gingen nicht nur wertvolle Arbeitsplätze verloren, sondern auch ein Stück Servicequalität für die Fahrgäste.

Und so hat die EVG bereits Kontakt zu Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und dem Senat aufgenommen, um eine mögliche Schließung zu verhindern und die sechs Arbeitsplätze zu retten. „Wir befinden uns hierzu derzeit in engem Austausch mit unserer Verkehrssenatorin Oezlem Ünsal“, betont Ditte.

Auch EVG-Betriebsrat Ingolf-Christian Skupin setzt auf Unterstützung aus der Politik. „Wir halten eine solche unternehmerische Entscheidung, sollte sie denn getroffen werden, für falsch und nutzen die Möglichkeiten, die wir - trotz GDL-Vorsitz im Betriebsrat - in der Mitbestimmung haben. Druck von außen kann da nur hilfreich sein. Zumal neue Arbeitsplätze für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen nur schwer zu finden sind.“

„Uns werden Abfindungen angeboten oder ein Arbeitsplatz in der Lounge in Hannover beziehungsweise Hamburg“, erklärt Olga Mohr. Doch da müsse man erst einmal hinkommen. Mindestens eine Stunde dauert die Zugfahrt von Bremen, zusätzlich zum Weg von zu Hause an den Bahnhof. „Die meisten sind Teilzeitkräfte. Wer Frühschicht hat, müsste schon am Vortag anreisen und auf eigene Kosten übernachten - oder auf einer Pritsche schlafen. Das ist doch nicht zumutbar“, kritisiert Betriebsrat Skupin.

Dirk Bohlmann vermutet dahinter Methode. Die Lounge solle personell ausgedünnt werden, die ersten Abfindungsverträge seien bereits unterschrieben. Irgendwann werde die Deutsche Bahn argumentieren, dass sie kein Personal mehr habe, um den Betrieb der Lounge aufrechtzuerhalten. „Das ist natürlich völliger Quatsch. Für die Lounge findet sich immer jemand“, sagt Bohlmann. Zumal das Arbeitsverhältnis der Kolleginnen, die unter das Schwerbehindertengesetz fallen, nicht einfach so verändert werden dürfe. Das habe die DB AG bislang nicht ausreichend beachtet.

„Der Arbeitgeber schaut wieder mal nur auf eine mögliche Kostenersparnis und lässt Aspekte wie Service und Kundenbindung völlig außen vor“, kritisiert der stellvertretende EVG-Landesvorsitzende Ditte. Wenn in der Saison die Kreuzfahrtschiffe in Bremerhaven und Cuxhaven anlegen, sei Bremen das Drehkreuz für viele Zugreisende. Premium-Kunden würden die Wartezeiten dann gerne in der Lounge verbringen. Schon heute hätten insbesondere Züge ins Ruhrgebiet oft deutliche Verspätungen. „Die Situation verschärft sich auch Richtung Norden, wenn erst einmal mit der Streckensanierung begonnen wird“, betont er. Die Lounge bleibe für Bremen wichtig, zumal sie erst vor wenigen Jahren - einschließlich Aufzug - für viel Geld renoviert worden sei.

Neben eigenen Aktivitäten und politischem Druck will die EVG nun auch die Öffentlichkeit einbinden. In der lokalen Presse äußern Reisende immer wieder ihr Unverständnis angesichts der wohl beabsichtigten Schließung. „Während an den Knotenpunkten in den DB-Lounges meist Stress, Überforderung und verschlissene Einrichtungen üblich sind, ist in Bremen das Gegenteil der Fall“, heißt es in einem Leserbrief im Weser-Kurier. Und weiter: „So sehr die Bahn auch verzweifelt nach jeder Einsparmöglichkeit greift: Es wäre sinnvoller, mehr solcher Lounges nach dem Vorbild der Bremer einzurichten.“

„Wer uns in unserem Bestreben, die Lounge im Bremer Hauptbahnhof zu erhalten, unterstützen will, kann das jetzt online tun. Dazu muss nur der QR-Code gescannt werden“, sagt Dirk Bohlmann und hofft auf breite Beteiligung - auch innerhalb der EVG. „Wir wünschen uns alle, dass hier zum Jahresende nicht das Licht ausgemacht wird“, ergänzt Olga Mohr, die sich schon einmal beruflich neu orientieren musste. Das Engagement der Aktiven innerhalb der EVG stimmt sie hoffnungsvoll.