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"Acht Stunden nur auf Knien"

Damit der Fahrweg funktioniert, braucht es vor allem: Menschen. Diesen Kolleginnen und Kollegen und ihren spezifischen Problemen widmet die EVG Anfang Oktober eine Aktionswoche. Beispiel Bahnbau: Die Arbeit der Beschäftigten hier ist durch auswärtige Montage-Tätigkeiten geprägt. Für imtakt hat Jens Steinert, Betriebsrat in Dresden und zugleich Sprecher der Zentralen Fachgruppe Bahnbau, einen Wochenbericht eines Monteurs aufgeschrieben. Fiktiv zwar, aber nah an der Wahrheit.

Das Wochenende ist vorbei, die Freundin hat man wieder nicht gesehen. Die Baustelle ist zu Ende - alles gut gelaufen. Knochenarbeit eben. Naja, ging was länger, aber man ist ja Eisenbahner.

Hab mich in der Pause mal mit den Jungs von den zwei Firmen unterhalten, die uns bei der Baustelle unterstützt haben. Die kriegen für die Knochenarbeit Zuschläge. Hab ich gleich den Chef gefragt. Sagt der: Was du machst, ist berufsüblich - hättest du was anderes lernen müssen. Muss man nicht verstehen.

Sonst ging es ja diese Woche. Nur der Arbeitsort war nicht ganz so klassisch. Von Dresden bis in die Nähe von München! Nicht, dass man was gegen München hätte. Aber die Monteurs Unterkünfte dort in der Drehe! Bleibt nix übrig. Und Verpflegung kostet auch. Na gut, endlich nach Hause. Schnell noch die Kumpels ins Dienstfahrzeug. Werkzeug, Klamotten usw. dazu. Zelte abbrechen. Der Arbeitgeber meint, ich soll die Fahrt in meiner Freizeit machen. 5 Mann hinten drin auf der Autobahn in meiner Freizeit? Zum Glück gibt’s da welche bei der EVG, die das ganz anders sehen, hat mir einer gesagt.

Zwei Tage zu Hause, das Telefon klingelt, mein nächster Einsatz wird durchgegeben. Irgendwo im Hessischen! Geht Mittwoch los, übers Wochenende! Schon wieder! In Frankfurt ist Buchmesse, da wird’s bestimmt wieder teuer? Und wer fährt hin? Ich sag: Gut, alles klar, um gesagt zu bekommen: Du bist doch Monteur und da ist berufsspezifisch alles in dem Beruf mit drin. Die Baustelle im Hessischen ist vorbei. Es geht nach einem Tag gleich weiter nach Nürnberg, nach Hause komm ich nicht. Wäre eh nur hin und her gefahren. Das WE in Nürnberg hatte es in sich. Material zu spät, Baustelle falsch, Sipo verkehrt bestellt. Mann, haben wir gekeult, dass wir alles schaff en.

Acht Stunden nur auf Knien, ich bin breit. Und eklig das alte Gleis der Nebenbahn. Gibt bestimmt Ekelblasen. Aber der Zug konnte pünktlich fahren. Nun schnell nach Hause. Es ist früh morgens. Könnt ich doch schnell die Freundin von der Nachtschicht abholen. Sagen die mir im Krankenhaus: Nein, Nachtschicht hatte die nicht. Zu Hause angekommen, schwant mir was Schreckliches. Die Bude ist leer. Und da liegt so ein Zettel mit dem Schlüssel auf dem Fußboden. „Tut mir leid, hab aber jemanden gefunden der für mich da ist.“ Das war’s dann wohl.

An meinem freien Tag bin ich zum Betriebsrat hin. Der hat mir alles erklärt. In meiner Sprache. Auch was der Arbeitgeber unter „berufsüblichem Maß“ usw. versteht und dass meine Ekelblase im Geld mit drin ist und bei anderen extra geht. Einfach bescheuert. Nicht der Typ vom BR, der war ok. Bin ich gleich eingetreten. In die Gewerkschaft. Der hat Recht, wenn er sagt, wenn wir diesen Scheiß ändern wollen, geht das nur gemeinsam.