„Wir brauchen ein neues Gesetz, das wir vor Ort anwenden können.“

Brauchen wir ein neues Betriebsverfassungsgesetz? Klares Ja! Mit einem Ausblick auf die Mitbestimmung der Zukunft ist die 3-tägige Mitbestimmungskonferenz der EVA und der EVG zu Ende gegangen.

70 Jahre alt ist das Betriebsverfassungsgesetz inzwischen und es ist immer noch gut. Die letzte Novellierung ist allerdings nunmehr über 50 Jahre her. Seitdem hat sich die Arbeitswelt enorm verändert und derzeit erreicht der Wandel ein neues Geschwindigkeitslevel. Dass es Zeit wird für eine vollständige Überarbeitung und Aktualisierung des BetrVG, wurde in der abschließenden Podiumsdiskussion deutlich. 

Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag einer Arbeitsgruppe, an der Experten aus Gewerkschaften und Wissenschaft zusammengearbeitet haben. „Wir haben uns Paragraf für Paragraf angesehen und sie so umgeschrieben, wie wir es heute für angemessen halten“, erläuterte Johanna Wenckebach, Wissenschaftliche Direktorin des Hugo-Sinzheimer-Instituts. Der Entwurf enthält u.a. mehr Mitbestimmung bei Weiterbildung und Qualifizierung, das Transparentmachen von Künstlicher Intelligenz, das Erfassen neuer Arbeitsformen, das digitale Zugangsrecht der Gewerkschaften in die Betriebe, die leichtere Gründung von Betriebsräten und ihren Schutz.

„Personalplanung muss zu einem echten Mitbestimmungstatbestand werden.“

Kristian Loroch, Stellvertretender EVG-Vorsitzender

„Mich fasziniert, was in diesem Entwurf alles drinsteht“, so die Einordnung von Iris Janßen, Betriebsrätin bei der Osthannoverschen Eisenbahn OHE. „Viele dieser Vorschläge würden unsere Arbeit vor Ort stärken.“ 

Top-Thema für sie und viele andere Kolleginnen und Kollegen im Saal: die Personalplanung. „Denn der demografische Wandel wird uns mit ganzer Wucht erfassen.“ EVG-Vize Kristian Loroch unterstützte diese Aussage: „Personalplanung muss zu einem echten Mitbestimmungstatbestand werden.“ Eine Modernisierung der Betriebsverfassung wirke wie eine Impfung, so Kristian. „Und wenn da jemand kommt und eventuell doch Schenker kauft, dann ist es gut, wenn wir diese Impfung haben.“

Zu einem so ganz klaren Ja wollte sich Klaus Linde, Leiter Beschäftigungsbedingungen der DB AG, nicht hinreißen lassen. „Modern heißt nicht einfach nur mehr. Es heißt aktuell und anders.“ Entscheidend sei nicht, was auf dem Papier stehe, sondern wie es gelebt werde. Die DB habe insgesamt mit der EVG schon viele Mitbestimmungsformate entwickelt, die über die Buchstaben der aktuellen Gesetzeslage hinaushingen. 

Das Problem sei vielleicht nicht die Konzernspitze, aber „die Heerscharen an nachgeordneten Führungskräften“, kommentierte Hans Mielke, Betriebsrat bei DB Kommunikationstechnik. „Wir brauchen ein neues Gesetz, das wir vor Ort anwenden können. Aber solange wir das alte noch haben, müssen wir es so gut wie möglich anwenden. Also sage ich: Bildung, Bildung, Bildung.“ 

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