Betriebsrätepreis: "Betroffene zu Beteiligten machen"

„Sozialplan und Interessenausgleich“ gehören leider zum Tagesgeschäft vieler Betriebsratsgremien. Der GBR DB JobService ist dabei neue Wege gegangen. Der Lohn: eine Nominierung für den Deutschen Betriebsrätepreis. Ein Interview mit dem GBR-Vorsitzenden Thorsten  Gollkowski.

Thorsten Gollkowski, GBR-Vorsitzender DB JobService

Thorsten, wie würdest du euer Projekt charakterisieren?
Wir haben zum einen sehr intensiv die Kolleginnen und Kollegen beteiligt. Und zweitens einen Interessenausgleich vereinbart, mit dem wir im Nachgang noch die Möglichkeit haben, nachzusteuern. Das ist Neuland für beide Seiten.

Ausgangspunkt war eine vom Arbeitgeber geplante Betriebsänderung…
Das Unternehmen soll richtig umgebaut werden. Zwei ganz zentrale Bereiche werden zusammengelegt: Beratung und Vermittlung und die Beschäftigungsförderung. Und das geht einher mit einer deutlichen Stärkung der Regionen.

Wie seid ihr diese Herausforderung angegangen?
Wir haben sehr schnell erkannt, dass es uns bei dieser Dimension der Aufgabe
gut tun würde, jemand Externes zu haben, der uns unterstützt. Das war die Beratungsgesellschaft GITTA. Und mit dieser Wahl hatten wir Glück: Denn dieser
Partner hat diese starke Beteiligung der Beschäftigten in einem bestimmten Verfahren vorgeschlagen. GBR und Arbeitgeber haben einen paritätisch besetzten Steuerkreis gebildet und dieser hat dann bestimmte Aufgaben definiert und dafür Teams gebildet, die wir POT genannt haben - Prozess-Optimierungs-Teams. In diesen Teams haben die Kolleginnen und Kollegen die Veränderungen des Unternehmens selbst beschrieben. Die Geschäftsführung und auch wir als GBR haben für die Ergebnisse eine Umsetzungsgarantie gegeben. Das war schon neu und ungewohnt, weil wir die Dinge zumindest ein Stück weit aus der Hand gegeben haben.

„Die Geschäftsführung war überzeugt von dem Gedanken, die Mitarbeiter mitzunehmen und war dann relativ schnell bereit, das Konzept mitzutragen.“

Thorsten Gollkowski, GBR-Vorsitzender

Was für Aufgabenbereiche waren das?
Z.B. die Frage, wie eine Software aussehen muss, die unsere Arbeit künftig unterstützt – unsere heutige Software ist aus dem Jahr 2000! Oder: Wie arbeitet das Back-Office in der Region mit dem zentralen Back-Office zusammen? Oder wie funktioniert überhaupt die Schnittstelle zwischen den Regionen und dem Kundenmanagement in der Zentrale? Ein weiteres Team hat die Frage bearbeitet, wie wir uns durch eine Hotline bei DB Dialog von administrativen Tätigkeiten entlasten können. Also eine recht breites Spektrum. 

In diesen Teams haben die Beschäftigten eigenverantwortlich gearbeitet?
Ja und eben unter externer Moderation. Im September fiel der Startschuss auf einer großen Konferenz, auf der sich die Kollegen und Kolleginnen für ein POT eintragen konnten. Einige Wochen später gab es ein Vernetzungsforum, zu dem alle eingeladen waren, die in den POT´s mitgearbeitet haben. Dort wurde z.B. geguckt, wo es Berührungspunkte zu den anderen POT’s gibt. Und Ende des Jahres gab es eine Konferenz, auf der die Ergebnisse vorgestellt wurden und die zugleich der Startschuss für die Umsetzung war.

War es schwer, den Arbeitgeber von diesem Vorgehen zu überzeugen?
Unser erstes Gespräch mit der Geschäftsführung war auf eine Stunde angelegt. Als wir unser Konzept vorgestellt haben, merkten wir, dass die Aufmerksamkeitskurve deutlich nach oben ging. Am Ende saßen wir mehr als zwei Stunden. Die Geschäftsführung war überzeugt von dem Gedanken, die Mitarbeiter mitzunehmen und war dann relativ schnell bereit, das Konzept mitzutragen.

Und die Beschäftigten?
Es gab schon einige, die gesagt haben: Jetzt kommt noch eine Arbeitsgruppe
obendrauf. Andere waren skeptisch nach dem Motto: Jetzt machen sie wieder was und die Ergebnisse verschwinden in der Schublade. Deswegen die Umsetzungsgarantie. Gut 80 Leute, die Hälfte unseres Stammpersonals, haben in den POT‘s mitgearbeitet. Das zeigt, dass die Beschäftigten ein großes Interesse haben, ihre Arbeit zu gestalten. Und das hat uns ja von Anfang an bewegt: Niemand kennt den Job besser als die Kolleginnen und Kollegen, die ihn täglich machen.