Fahrradmitnahme im Zug darf kein Handicap werden…

Einladen, ankommen, losradeln. Per Bahn mit dem Rad verreisen wird immer beliebter. Mühsam und nervig wird es, wenn Mehrzweckabteile zu klein bemessen sind. Hier muss schnell größer gedacht werden, fordert die EVG.

Franz Popp

„Es ist ein Riesen-Thema und kocht schon ewig“, sagt Franz Popp, Mitglied im Gesamtbetriebsrat DB Regio Schiene/Bus. Dafür gebe es noch keine flächendeckende Lösung, so der EVG- Interessenvertreter. Zu oft verzweifeln Radkunden wegen voller Fahrradabteile. Erlebbar zu den Stoßzeiten im Berufsverkehr, an langen Wochenenden, in den Ferien. Hinzu kommen eine unübersichtliche Fahrrad-Tariflandschaft oder schwierige Einstiegssituationen. Aufgrund der Länder-, bzw. Bestellerhoheit gelten in jedem Bundesland und auf vielen Strecken unterschiedliche Bedingungen.  

Erfreulich: In Thüringen und Sachsen ist das Mitnehmen von Rädern im Zug kostenfrei. Und auch Bayern macht einen Schritt nach vorn und fördert die Radmitnahme. Ein Runder Tisch Fahrradverkehr diskutiere aktuell neue Strategien und Lösungsansätze, sagt Franz Popp. Dafür waren Gesamtbetriebsrat und EVG gemeinsam mit Fahrradverbänden auf die bayerischen Aufgabenträger zugegangen. Mit Erfolg. So werden im Freistaat unter anderem umgebaute Wagen mit mehr Kapazitäten für Fahrräder gefördert. Dafür werden Einnahmen aus der Pönale verwendet, also den in den Verkehrsverträgen festgeschriebenen Strafgeldern für ausfallende, verspätete oder verschmutzte Züge.  

Wie es für Radfahrer bereits reibungslos funktionieren kann, zeigen zwei Modelle in Norddeutschland. Nordwestbahn und die Metronom-Eisenbahngesellschaft richten sich von März bis Oktober auf mehr Velos ein. So setzt Metronom im Hansenetz jeweils einen Extrawagen pro Zug ein. Kapazität: Gut 50 Räder pro Zug.  

Im Fernverkehr übrigens ist die Fahrradmitnahme bisher nur sehr begrenzt möglich. Mit den neuen IC-2 hat sich das Angebot aber schon verbessert und auch mit dem ICE 4 (ICX) wird es weitere Verbesserungen geben: Hier wird es demnächst ein Fahrradabteil mit 8 Stellplätzen geben.  

Für Jürgen Knörzer, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates DB Regio Schiene/Bus ist das ein gutes Zeichen. „Das macht Hoffnung“, sagt er. Der aktuelle Flickenteppich im SPNV dagegen „geht so gar nicht“, kritisiert er. Theoretisch könne der saisonal abhängige Fahrradtransport bereits in jeder Ausschreibung gefordert werden. Somit sei es bei der Bestellung und Konstruktion neuer Züge möglich zu reagieren, so Knörzer. Leidtragende der unbefriedigenden Situationen sind nicht nur alle Zugreisenden, mit und ohne Rad – sondern auch die Beschäftigten.  

„Diskutieren, beschwichtigen, erklären“

Allerdings hat die DB vor einigen Jahren ihrer radfahrenden Kundschaft viel mehr Hoffnung auf Verbesserungen gemacht. Der Konzern und der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hatten eine Mobilitätspartnerschaft vereinbart. Davon zeugt unter anderem eine nüchterne Liste mit Hinweisen zur Fahrradmitnahme im Nahverkehr.  Dennoch kommt es häufig zu kniffligen Situationen. „Dann setzt bei einigen Reisenden die Vernunft aus“, erzählt uns Carola Schein. Sie ist KiN bei DB Regio auf der Strecke Nürnberg – Lichtenfels – Saalfeld. „Jeder versucht sein gefühltes Recht durchzusetzen“. Selbst gegenüber Rollstuhlfahrern oder wenn Kinderwägen Platz brauchen, fehle es Fahrgästen an Einsicht, so Carola weiter. Geht gar nichts mehr, müsse die Polizei kommen und schlichten. „Hatten wir alles schon!“  

Umweltbewusstes Reisen per Bike und Bahn bleibt offenbar in jeder Hinsicht körperlich und geistig anspruchsvoll. Ausbaden müssen das als Erste immer die Kundenbetreuer/Zugbegleiter. „Diskutieren, beschwichtigen, erklären. Immer wieder. Das kostet Zeit, Nerven und Kraft“, so Carola Schein.  

Unsere Gewerkschaft kämpft dafür, dass sich der Personenverkehr für umweltbewusste Urlauber zu einem verlässlichen Reisepartner etabliert. Die klassischen Radfahrländer Niederlande und Dänemark zeigen, wie es geht: Dort ist es jederzeit und überall möglich, ein Fahrrad mitzunehmen. Der Radtourismus entwickelt sich seit Jahren zu einer wichtigen, kontinuierlich wachsenden Größe. Deswegen müssen die Bahnen und die Verkehrspolitik flexibler reagieren. Die Schiene ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel unserer Zeit. Sie kann und muss neue Trends noch schneller annehmen, damit sich keine Klientel benachteiligt fühlt. Kundennähe spiegelt sich auch beim Service für Reisende mit Fahrrad wieder. Nicht nur bei einer Check-in-App.