Wir brauchen einen anderen Wettbewerb

Billig muss es sein, das ist das Leitmotiv des Wettbewerbs in der Busbranche. Leidtragende sind die Beschäftigten. Die zentrale Fachgruppe Busverkehr unterstützt daher die Forderungen der EVG – sagt ihr Sprecher Achim Schraml, Betriebsrat bei Regionalbus Ostbayern (RBO).

Achim, der Ausschreibungswettbewerb im SPNV ist vielen ein Begriff. Aber wie sieht eigentlich dieser Wettbewerb bei euch, im ÖPNV, aus?

Bei uns im ÖPNV ist es oft so, dass nur noch der Preis zählt und alles andere wie Qualität und Sozialstandards zweitrangig sind. Der günstigste Bewerber bekommt den Zuschlag. Hinzu kommt, dass Linienbündel in immer mehr Teilnetze aufgespalten werden, die dann unabhängig voneinander ausgeschrieben werden. Und: Die Laufzeiten der Verträge sind viel kürzer als im SPNV. Kurz: es herrscht wirklich scharfer Wettbewerb in unserer Branche.  

Wer sind in der ÖPNV-Branche die treibenden Kräfte im Wettbewerb?  

Wir haben nicht wie auf der Schiene große Unternehmen, sondern viele kleinere Betriebe und Mittelständer, da die Linienbündel viel kleiner vom Volumen her sind. Auch die Seite der Aufgabenträger ist viel kleinteiliger: statt der großen Verbünde und zentraler Vergabebehörden haben wir es mit Landkreisen und Kommunen zu tun, die zum Teil ganz unterschiedliche Strategien verfolgen. Gemeinsam ist ihnen nur eins: Möglichst billig muss es sein.  

„Der Mensch muss das wichtigste sein! Das haben viele leider aus Profitsucht vergessen!“

Achim Schraml, Fachgruppensprecher Busverkehr

Mit welchen Strategien reagieren die Unternehmen darauf?

Die Busunternehmen der Deutschen Bahn AG reagieren damit, dass sie Billig-töchter gründen, um im Wettbewerb bestehen zu können. Unsere Bestands-gesellschaften mit besseren Tarifverträgen bluten aus und verschwinden vom Markt.  Bei RKH in Hessen haben wir das bereits erlebt. Bei anderen Unternehmen sehen wir derzeit die Gefahr, dass sie denselben Weg gehen.

Was bedeutet das alles zusammengenommen für die Beschäftigten?  

Das bedeutet, dass sie bei einem Ausschreibungsverlust ihres Arbeitgebers sehr weite Wege zur Arbeit im Kauf nehmen müssen, wenn sie zu einem anderen Arbeitgeber wechseln. Oder sie wechseln zum Gewinnerunternehmen mit meistens hohem Lohnverlust - und das, obwohl ein Busfahrer oder eine Busfahrerin sowieso schon viel zu wenig verdienen. Ein ungelernter Mitarbeiter in einer Fabrik an einem Fließband verdient im Durchschnitt 400-600 Euro mehr und hat keine so große Verantwortung und die Schichtzeiten sind auch sehr viel kürzer. Diesen Weg musste ich in den letzten Jahren traurigerweise mitverfolgen, da uns sehr viele gute Kolleginnen und Kollegen dorthin verlassen haben.

Was erwartet ihr von der Politik? Was muss geschehen, damit der Wettbewerb nicht auf euren Knochen ausgetragen wird?   

Wir erwarten die Umsetzung der Regelung zum Betreiberwechsel nicht als Soll Bestimmung sondern als Muss Bestimmung auch für den Busbereich. Das wäre ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dadurch würde hoffentlich verhindert, dass die Qualität noch weiter sinkt und das Risiko schwerer Busunglücke würde minimiert werden. Langfristig brauchen wir eine andere Art von Wettbewerb. Der Mensch muss das wichtigste sein! Das haben viele leider aus Profitsucht vergessen!