Arbeiten bei Hitze: Konkrete Verbesserungen durch die Gefährdungsbeurteilung

Auch wenn der Sommer in Deutschland in diesem Jahr, im Vergleich zu den Vorjahren, relativ moderat ausfällt - eine Hitzewelle kann uns jederzeit ereilen. Wie sind die Betriebe in unserem Organisationsgebiet darauf vorbereitet? Wir haben uns im Werk Paderborn der DB Fahrzeuginstandhaltung umgesehen - und ein Beispiel gefunden, wie Betriebsrat und Arbeitgeber das Thema gemeinsam präventiv angehen können.

Aydin Cetin

„Wenn draußen 30 Grad sind, haben wir in der Lackierkammer 40 Grad“, sagt Aydin Cetin. Er weiß, wovon er spricht: seit 36 Jahren lackiert er in Paderborn Güterwaggons. „Wir tragen Schutzanzug und Maske. Einen Waggon zu lackieren, dauert anderthalb bis zwei Stunden. Wenn du dann rauskommst, bist du klatschnass und musst erstmal die Klamotten wechseln.“

Der Standort Paderborn der DB Fahrzeuginstandhaltung ist auf Güterwagen und deren Komponenten spezialisiert. Hier wird seit 1913 geschweißt, lackiert, gefräst, geflext. Rund 800 Kollegen arbeiten hier unter schwierigen Bedingungen: Lärm, Staub und Funkenflug; es wird mit schweren Materialien hantiert, Maschinen produzieren Abwärme. Im Winter sind die großen Hallen kaum zu heizen, im Sommer heizen sie sich von selbst auf. Arbeiten im Außenbereich ist bei hochsommerlichem Wetter auch kein Spaß. Um hier für die Beschäftigten etwas Abhilfe zu schaffen, hat der Betriebsrat auf ein Mittel zurückgegriffen, das im Arbeitsschutzgesetz verankert ist: die Gefährdungsbeurteilung. Dieses Instrument ermöglicht, Arbeitsplätze und Tätigkeiten auf ihre konkreten körperlichen und psychischen Gefährdungen zu untersuchen – und daraus Maßnahmen zum Schutz und zur Sicherheit der Beschäftigten abzuleiten.

Andreas Steins

Im Werk Paderborn mündete die Gefährdungsbeurteilung in einer entsprechenden Betriebsanweisung zur Arbeit bei Hitze. „Mit ihr konnten wir ein konkretes Maßnahmenpaket entwickeln“, sagt Betriebsrat Andreas Steins. „Wir können z.B. an der Arbeitszeit was ändern – also die Leute können früher beginnen, um nicht in der größten Mittagshitze zu arbeiten. Sie können mehr Pausen einlegen, wir haben Trageerleichterungen bei der Arbeitskleidung erreicht, der Arbeitgeber stellt Wasser und beim Arbeiten im Außenbereich Sonnencreme und Sonnenschutz zur Verfügung – also es ist schon ein bunter Strauß an möglichen Erleichterungen für die Mitarbeiter“

„Einen Waggon zu lackieren, dauert anderthalb bis zwei Stunden. Wenn du dann rauskommst, bist du klatschnass und musst erstmal die Klamotten wechseln.“

Aydin Cetin, Lackierer

Die Werksleitung war von Anfang an mit im Boot. Personalchef Per Klückmann hat eine klare Devise hierzu: „Uns kippt hier keiner um, etwa weil er zu wenig Wasser oder zu wenig Frischluft bekommt.“ Er legt vor allem Wert auf eine ausreichende Versorgung mit Getränken. „Und wenn dennoch Wasser fehlt, fahren die Leute zum Supermarkt, kaufen welches und geben mir die Rechnung“, sagt Per Klückmann. „Wir müssen zwar auf unsere Kosten gucken, aber definitiv nicht an dieser Stelle.“

Neben der Getränkeversorgung sind vor allem Verbesserungen bei der Arbeitskleidung ein wichtiges Mittel zur Arbeitserleichterung. Denn Schutzanzüge und -helme sind unverzichtbar bei den Arbeiten in der Instandhaltung. Eingeführt wurden spezielle Schweißhelme mit Frischluftzufuhr und Arbeitsanzüge mit leichterer Grammatur. „Wir haben uns verschiedene Muster schicken lassen und dann Trageversuche quer durch alle Gewerke gemacht“, sagt Christian Benthe, Schweißer und Betriebsrat. Er war vor allem bei der Einführung der „Sommerhose“ beteiligt. Sie ist aus leichterem Stoff und „angenehmer zu tragen, luftiger, vor allem im Außenbereich“, sagt Christian. Bei alledem muss darauf geachtet werden, dass auch die Sommerhose ihrer Schutzfunktion gerecht wird. „Für uns ist der Schutz vor Funkenflug aber auch die Kniepolster wichtig, wenn wir auf Knien in den Waggons arbeiten müssen.“

Die Gefährdungsbeurteilung „ist ein gutes Instrument“, zieht Betriebsrat Andreas Steins ein erstes Fazit. „Sie kommt aus dem Arbeitsschutzgesetz, ist aber vielfältig anwendbar. Man hat mit ihr am Ende etwas Konkretes in der Hand, gegebenenfalls auch gegenüber dem Arbeitgeber.“ Das Feedback aus der Belegschaft wertet er als positiv: „Sicherlich gibt es Verbesserungspotenzial, auch wir als Betriebsrat haben immer noch Baustellen. Der Ostwestfale ist immer etwas sparsam mit Lob, aber unser Maßnahmenpaket kommt schon gut an bei den Leuten und ich denke, dass das eine gute Sache ist.“

Video DB Fahrzeuginstandhaltung Werk Paderborn