Portrait Klaus-Dieter Hommel - erschienen im Tagesspiegel Background

Geplant sei das nicht gewesen, sagt Klaus-Dieter Hommel. Doch jetzt will er es noch einmal wissen. Der 63-jährige Funktionär der Eisenbahn und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will sich im Dezember auf dem geplanten außerordentlichen Gewerkschaftstag zum Vorsitzenden wählen lassen. 

„Dieses Portrait erschien im Tagesspiegel Background, 30.07.2020“

Autorin: Jana Kugoth, Quelle: https://background.tagesspiegel.de/mobilitaet/klaus-dieter-hommel

Bisher hat er das Amt kommissarisch inne, nachdem sein Vorgänger Torsten Westphal im April überraschend zurückgetreten war. Seit 2010 ist Hommel Stellvertreter. Jetzt will er an die Spitze.

Hommel ist deshalb auf die Gunst seiner Mitglieder angewiesen, die ihn wählen sollen. Bei den Tarif-Verhandlungen mit dem DB-Vorstand will er sich hart zeigen: „Mit mir wird es keine Nullrunde geben“, sagt er mit Blick auf die geplanten Einsparungen des DB-Konzerns im Telefonat mit Tagesspiegel Background.

Infolge der Coronakrise steht der Staatskonzern in seiner tiefsten finanziellen Krise.

Lohnkürzungen soll es mit Hommel nicht geben

Die Bahn setzt deshalb den Rotstift an, auch beim Personal. Hommel hat sich klar positioniert: Natürlich könne man angesichts der aktuellen Krise nur „auf Sicht“ fahren. Lohnkürzungen aber werde es mit ihm nicht geben. „Wir wollen sicherstellen, dass den Eisenbahnern nicht in die Tasche gegriffen wird.“

Anders als die kleinere Gewerkschaft der Lokführer (GDL) hatte Hommel für die EVG im Verkehrsministerium von Andreas Scheuer (CSU) das „Bündnis für unsere Bahn“ unterzeichnet. Der Pakt soll helfen, die „Coronakrise gemeinsam und solidarisch zu bewältigen“. Den Eisenbahnern wird darin „Sicherheit und Stabilität für ihre Arbeitsplätze“ zugesichert. Im Gegenzug haben sie ihre Bereitschaft erklärt, „intelligente, sozial ausgewogene und ökologisch sinnvolle Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung“ mitzutragen. Hommel hatte direkt Gespräche mit DB-Personalchef Martin Seiler aufgenommen. Dass die Bahn an ihrem Einstellungsplan festhält, wertet Hommel als „gutes Signal“.

Nicht nur beim Personal müsse weiter investiert werden, fordert der in Ostfriesland lebende Gewerkschafter. Nötig seien auch massive Investitionen in den Aus- und Neubau sowie die Reaktivierung alter Strecken. Beim jüngst vereinbarten Schienenpakt seien noch viele Fragen offen. „Das ist noch eine Blackbox“, kommentiert Hommel, der mit der EVG an der Ausarbeitung beteiligt war. Es gebe noch keine Entscheidung und keine Vorstellungen wie die Finanzierung künftig aussehen soll. „Und das ist ein Alarmsignal.“

Ein radikaler Sparkurs zum jetzigen Zeitpunkt wäre fatal, warnte der EVGler schon Ende April im Interview mit Tagesspiegel Background. Die klimapolitischen Ziele ließen sich dann nicht mehr halten. Er fordert den DB-Vorstand auf, eine Strategie zur langfristigen Überwindung der wirtschaftlichen Schäden zu entwickeln. Die Bahn müsse „die bestehende Mittelfristplanung auf die Machbarkeit in Auswirkung der Pandemie überprüfen“.

Ein Leben für die Eisenbahn

Hommel liegt die Eisenbahn persönlich am Herzen – wie vielen Bahnern, denen oft nachgesagt wird, ein ganz besonderes Verhältnis zu ihrem Job und den Kolleginnen und Kollegen zu haben. „Es gab aber auch Statusdenken“, erinnert sich Hommel an seine beruflichen Anfangsjahre. Heute sei das allerdings vorbei.

Aufgewachsen ist der gebürtige Westfale in der DDR. Wenige Jahre vor dem Bau der Mauer zog er mit seinen Eltern von Herten im Ruhrgebiet nach Bischofswerda in Sachsen, weil sein Vater, ein Bergmann, dort Arbeit gefunden hatte.

Nach seinem Wehrdienst heuerte Hommel bei der Reichsbahn an, stieg vom Fahrdienst- zum Abteilungs- und später zum Dienststellenleiter auf. Neben dem Job studierte er Verkehrskybernetik in Dresden. „Zwischendurch hatte ich mal die fixe Idee, Mathe- und Physiklehrer zu werden“, erinnert er sich im Gespräch mit Background. „Die Schüler haben es überlebt, ich auch“, ergänzt er und lacht. Letztlich ist er lieber bei der Bahn geblieben.  

Schon früh war Hommel politisch aktiv. Zu seinem ersten Amt sei er eher zufällig gekommen, wie das damals so gewesen sei: „Wer engagiert war, wurde schnell verpflichtet.“ Hommel gehörte zu den ersten Mitgliedern der 1990 gegründeten GDBA Ost. Nach dem Zusammenschluss von Ost und West wurde er 2003 zum GDBA-Vorsitzenden gewählt. In dieser Funktion war er an dem Zusammenschluss der Verkehrsgewerkschaft GDBA mit der Gewerkschaft Transnet beteiligt. „Das ist mittlerweile auch schon wieder zehn Jahre her.“

Hommel will EVG für alle Mobilitätsanbieter öffnen

Wenn es um die Verhandlung von Tarifen geht, setzt Hommel auf Zusammenarbeit – auch mit der GDL. „Wir sind bereit, den Dialog wieder aufzunehmen“, signalisiert er.  

In Zukunft will Klaus-Dieter Hommel die EVG weiterentwickeln zu einer Gewerkschaft, die die gesamte Mobilitätskette begleitet und auch in Zukunft alle Berufsgruppen vertritt. „Es kann nicht sein, dass öffentliche Aufträge an Unternehmen gegeben werden, die keine Tarifbindung haben“, kritisiert er mit Blick auf neue Mobilitätsangebote, die er grundsätzlich befürwortet. Für den Klimaschutz brauche es mehr als Bus und Bahn.

Mit Blick auf die durch die Trends Digitalisierung und Klimaschutz getriebenen Veränderungen und den damit entstehenden neuen Berufsbildern sind Hommel die Themen Bildung und Kommunikation besonders wichtig: „Ich möchte die Menschen mitnehmen.“

Auch privat gilt das. Der Besitzer von vier Hunden und mehrfache Großvater ist Mitglied in einem Verein, der demenzkranke Menschen mit Kindern und Hunden zusammenbringt. Gegründet wurde „KiDeTi“ von Hommels Frau. Wenn er seinen EVG-Posten aus Altersgründen in ein paar Jahren abgibt, will Hommel sich dort noch mehr engagieren.

Vier Fragen an Klaus-Dieter Hommel

1. Welches Auto kaufen Sie sich als nächstes?

Einen Van. Denn ich brauche eigentlich ein Auto, um unsere vier Hunde darin zu transportieren.

2. Wie halten Sie es mit dem Fliegen?

Fliegen ist nicht meine Leidenschaft. Das letzte Mal bin ich vor zwei oder drei Jahren innerhalb Deutschlands geflogen, ansonsten fahre ich Eisenbahn. Allerdings wollte ich in diesem Jahr eigentlich in die USA in den Urlaub fliegen. Den verbringe ich aber nun zu Hause.

3. Wer gibt in der Mobilitätsbranche das Tempo vor?

In Deutschland niemand. Hier beobachte ich große Defizite und wenig Innovation. Ich würde mir einen Treiber in unserem Land wünschen. Daran müssen wir noch daran arbeiten.

4. Wo würden Sie selbst gern das Rad neu erfinden?

Ich wünsche mir eine integrierte Mobilitätsplattform, die die Stärken der einzelnen Mobilitätsunternehmen vereinigt und ein integriertes Mobilitätskonzept anbietet. Dabei geht nicht nur um Personen und Güter und deren Transport, sondern auch um datenbasierte Geschäftsmodelle.