"Wir stehen auf, wir packen an, wir bewegen etwas"

Er ist schon eine gute Tradition: Zum vierten Mal lud der Landesverband Nordrhein-Westfalen der EVG zum Neujahrsempfang, zum dritten Mal in Folge in die Lounge im Dortmunder Signal Iduna Park. Rund 100 Kolleginnen und Kollegen aus den Betriebs- und Dienststellengruppen sowie den Seniorengruppen im Bundesland kamen am Freitag zusammen, um den Startschuss ins politische Jahr 2016 zu geben. "Gestalten wir 2016", gab der Sprecher des LV, Hermann-Josef Müller, das Motto aus. "Wir stehen auf, wir packen an, wir bewegen etwas.“

Beim Neujahrsempfang des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen stimmte EVG-Vorstand Martin Burkert auf die Top-Themen des neuen Jahres ein: die Personalratswahlen, die JAV-Wahlen und die Tarifrunde bei der DB AG. Aber auch der Konzernumbau der Deutschen Bahn und die Absichten zum Verkauf von Tochtergesellschaften wie der Auslandstochter Arriva werden die EVG beschäftigen.

„Zum Konzernumbau haben wir deutliche Signale gesetzt“, so Burkert. „Der Vorstand hat ein Gesamtkonzept zu entwickeln und dem Aufsichtsrat vorzulegen.“ Deutliche Kritik übte der EVG-Vorstand am Kurs der Geschäftsführung von DB Cargo. „Wir können es nicht zulassen, dass beim SGV ein Schrumpfkurs gefahren wird. Das ist nicht unsere Politik.“ Beim Einstieg privater Investoren stehe im Vordergrund, ob der Erlös im Konzern verbleibt und wofür er verwendet wird. „Und die Frage ist, ob die Dividende von 850 Millionen Euro bestehen bleibt, wenn die Cash-Cows nicht mehr da sind. Aus heutiger Sicht kann es von uns keine Zustimmung geben, solange das nicht geklärt ist.“

Weitere Top-Themen seien der Kampf gegen die Ausweitung von Leiharbeit und Werkverträgen sowie das Thema Fernbusse. Die EVG unterstütze den Gesetzentwurf der Bundesarbeitsministerin zur Regulierung dieser Arbeitsformen. „Wir wollen aber auch, dass Betriebsräte bei Leiharbeit und Werkverträgen mehr Mitbestimmung bekommen.“ Bei den Fernbussen setzt sich die EVG für die Einhaltung von Tarif- und Sozialstandards sowie für die Einführung einer Fernbusmaut ein.

„Gute Arbeit“ lautete das Thema des Statements von Rainer Schmeltzer, nordrhein-westfälischer Minister für Arbeit, Soziales und Integration. „Arbeit ist nicht nur ein Kostenfaktor“, so der SPD-Politiker. „Arbeit stiftet Identität, sichert Existenzen und Arbeit darf nicht krank machen.“ Gute Arbeit müsse auch im Interesse der Arbeitgeber sein, „denn nur gesunde und motivierte Arbeitnehmer sind leistungsfähige Arbeitnehmer.“ Daher müssten prekäre Beschäftigungsformen bekämpft, der Mindestlohn vollständig durchgesetzt und das Tarifsystem gestärkt werden. „Wir wollen das Normalarbeitsverhältnis stärken und dafür sorgen, dass die Kernaufgaben in den Betrieben von der Stammbelegschaft erbracht werden.“

Schmeltzer zog eine positive Bilanz von gut zwölf Monaten Mindestlohn. Allein in NRW profitierten 1,5 Millionen Menschen vom Mindestlohn, allen Unkenrufen zum Trotz seien die Preise stabil geblieben und sogar neue Arbeitsverhältnisse im Niedriglohnbereich geschaffen werden. Eine klare Absage erteilte Schmeltzer Forderungen nach einer Absenkung des Mindestlohns für Flüchtlinge und Migranten. „Wir lassen keine Spaltung des Arbeitsmarktes zu. Der Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland.“

Natürlich zog sich ein Thema durch alle Redebeiträge: die Flüchtlingssituation und die aktuelle Debatte nach den massenhaften sexistischen Übergriffen in Köln. „Hier geht es nicht um eine Trennungslinie zwischen Migranten und Alteingesessenen, sondern um eine Trennungslinie zwischen anständigen und unanständigen Menschen“, so Schmeltzer. „Solche Taten müssen konsequent geahndet werden - unabhängig von der Herkunft der Täter.“ Die Integration habe nicht versagt. Allein in NRW gebe es 4,5 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, davon 1,5 Millionen Muslime. „Sie Freunde, Nachbarn und Kollegen. Wir müssen uns gegen eine Aufspaltung der Gesellschaft wehren, so eine Spaltung wollen wir nie wieder in diesem Land haben.“

Martin Burkert dankte allen Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern, die in den Zügen und Bahnhöfen seit Monaten die schwierige Situation kreativ und mit großem Einsatz meistern. Integration sei eine Kraftanstrengung für alle und werde es bleiben. Das Thema dürfe nicht den Rechten überlassen werden. „Mit uns“, so der EVG-Vorstand, „wird es keine Toleranz für rechtsextremes Denken und Handeln geben.“

Der Sprecher des EVG-Landesverbandes, Hermann-Josef Müller, sagte in seiner Begrüßung, die berechtigte Empörung über die Vorgänge in Köln dürften nicht zu einer „Pegidaisierung“ der öffentlichen Diskussion und zu einem neuen Alltagsrassismus führen. „Wer denen folgt, die Galgen durch die Straßen tragen, der will etwas anders als nur Besorgnis ausdrücken.“

Es gebe aber auch andere Zeichen. „Derzeit engagieren sich so viele Menschen für das Gemeinwohl wie schon lange nicht“, auch in den Gewerkschaften und auch in der EVG. Neben dem Bergbau habe die Eisenbahn die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Ausland aufgenommen. „Eisenbahner haben immer Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund gehabt. Lassen wir uns daher nicht bange machen, gestalten wir 2016. Wir stehen auf, wir packen an, wir bewegen etwas.“