Weichenstellung und Zukunftsdialog: Bereit sein für den offenen Dialog

Die EVG soll und wird sich mehr für flexible Formen der Mitgliederbeteiligung öffnen – so jedenfalls das spontane Meinungsbild den Teilnehmer/innen der ersten EVG-Bundeskonferenz. Das schälte sich am Ende des spannenden und abwechslungsreichen Themenblocks zur Weichenstellung 2030 heraus. 90 Prozent der Teilnehmer/innen sprachen sich in einer Live-Abstimmung dafür aus, thematisch orientierte, niedrigschwellige Arbeitsgruppen als neues Arbeitsmittel zu entwickeln.

Worum geht es bei der Weichenstellung 2030?

Die EVG macht sich damit fit für die Herausforderungen der Zukunft. Wie müssen wir unsere Strukturen, unser Handeln verändern, um auch 2030 die starke und erfolgreiche, gestaltende Kraft in der Verkehrsbranche zu sein?

Eine der großen Herausforderungen (nicht nur) in unserer Branche ist die Plattformökonomie. Sie schiebt sich zwischen den Anbieter und den Kunden, wie der EVG-Projektleiter Kristian Loroch herausarbeitete. „Der Kunde braucht Verkehrsdienstleistungen, aber er braucht keine EVU“, lautet Kristians provokante These. Daraus leitet sich aber auch unser Anspruch ab. „Wir lassen es nicht zu, dass man dies auf unsere Kosten trennt und sich auf unserem Rücken bereichert.“

Neue Regeln braucht das Land, sagte Kristian Loroch: „Die Plattformökonomie darf kein rechtsfreier Raum sein. Wir können uns dabei aber auf niemanden verlassen außer auf uns selbst. Wir können und wollen Veränderungen nicht aufhalten, sondern gestalten.“

Dafür gibt es sechs Handlungsfelder

Und jedes dieser Felder wird von einem Paten/innen-Team begleitet, die den Prozess steuern. Zwei dieser Teams präsentierten erste Ergebnisse des Prozesses und erste konkrete Ideen.

  • Handlungsfeld „Kollektiv stärkt individuell“. Der gesellschaftliche Wandel erfasst alle Lebensbereiche, so Lars Scheidler. Die „Generation Y“ wird 2020 bereits 50 Prozent der Beschäftigten ausmachen – sie wollen, so Lars, „leisten und sich weiterentwickeln, aber nicht auf Kosten persönlicher Interessen. Sie fordern flache Hierarchien und bestehen auf Beteiligung und aktiver und selbstbestimmter Mitgestaltung ihres Arbeitsumfeldes.“ Mit dem EVG-Wahlmodell haben wir diesen Impuls aufgenommen. „Die Bedürfnisse einzelner aufzunehmen hat Konsequenzen für die Gestaltung kollektiver Rahmenbedingungen und zahlt auf die Mitgliederentwicklung ein.“ Was folgt daraus z.B. für betriebliche Regelungen?, nahm Claudia Dunst den Faden auf. „Wir suchen gute Praxis bei Betriebsvereinbarungen, mit denen individuelle Bedürfnisse und Handlungsspielräume der Beschäftigten berücksichtigt und ermöglicht werden.“ Daraus sollen Hinweise und Leitplanken für die Gestaltung von Regelungen entwickelt werden. Auf einer Betriebsrätekonferenz im kommenden Jahr sollen Projektergebnisse vorgestellt werden.
  • Handlungsfeld „Bewegliche Organisation“. Auch Umfang und Art der Beteiligung von Kolleginnen und Kollegen in der Gewerkschaftsarbeit verändern sich, so das Paten/innen-Team Hanka Heise und Frank Hauenstein. Starre Strukturen hindern manch einen aber oft daran, sich stärker einzubringen. „Es gibt aber immer wieder interessierte Mitglieder, die an bestimmten Themen interessiert sind – und die sich vielleicht nicht dauerhaft, aber zumindest zeitweise einbringen wollen.“ Dafür müsse zum einen der Zugang einfach sein – und die Mitglieder müssten dann entscheiden können, in welchen Formaten sie das Thema weiter bearbeiten wollen. Mit Hilfe der Software „slido“ konnten die Teilnehmer/innen der Bundeskonferenz via Smartphone dann auch gleich „live“ ein Thema auswählen, für das eine solche thematische Arbeitsgruppe gebildet werden soll. Mit den beiden Themen Jugend und Arbeitszeit schälten sich schnell die Favoriten heraus.

Auch der DGB führt einen Zukunftsdialog

Wie wollen wir leben, wie wollen wir arbeiten? Auch unser Dachverband schafft derzeit Formate, um über diese Zukunftsfragen zu diskutieren. Den Prozess unter dem Titel „Zukunftsdialog“ stellte DGB-Bundesvorstandssekretär Konrad Klingenburg auf der Bundeskonferenz vor.

„Wir können und müssen voneinander lernen und unsere Vielfalt bündeln“, fasste er den Ansatz zusammen. Mit der Kick-Off-Veranstaltung Anfang November sei das schon gut gelungen. „Die Leute hatten unheimlich Lust, sich auszutauschen“, beschrieb Konrad seinen persönlichen Eindruck. „Weil sie gesehen haben, dass sie über alle Branchen und alle Regionen hinweg dieselben Probleme haben und gerne ihre Erfahrungen weitergeben.“

Der Prozess ist nun zunächst auf vier Jahre angelegt – auf den Ebenen des Bundesvorstandes, der Landesbezirke und auch der ehrenamtlichen Kreis- und Stadtverbände. „Entscheidend für den Erfolg wird unsere Haltung sein“, sagte Konrad, “nämlich die Bereitschaft, sich auf den offenen Dialog einzulassen, auch mit Menschen, die völlig anderer Meinung sind.“