EVG: Baden-Württemberg muss Tariftreuegesetz dringend nachbessern

Baden-Württemberg sperrt sich seit Jahren klaren Regelungen zum Personalübergang bei Betreiberwechsel im Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Vertreter*innen der EVG haben das bei einem Video-Gespräch mit Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann sehr deutlich kritisiert.

„Klare Regelungen hätten einige der massiven Probleme beim Betriebsstart der Unternehmen Abellio und GoAhead vermeiden können“, mahnte EVG-Vize Martin Burkert an. „Solche Personalengpässe und soziale Härten können bei Neuvergaben abgefedert werden“. Dafür müssten alle wechselwilligen Beschäftigten vom neuen Betreiber Angebote bekommen, wonach sie unter Beibehaltung der Lohn- und Sozialstandards weiterarbeiten können. 

„Bestehende Tarifregelungen werden mit teils verheerenden Folgen untergraben“, bestätigt auch der Vorsitzende des EVG-Landesverbandes Baden-Württemberg, Kurt Amberger. Er ist zugleich Mitglied des Tariftreuebeirates im Bundesland. „Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite des paritätisch besetzten Gremiums haben mehrfach Verstöße festgestellt.“ Die Aussage des Ministers, dass es darüber keine Informationen gebe, kritisierte Amberger. Zugleich mahnte er eine bessere Zusammenarbeit zwischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium des Landes an.     

Die EVG kämpft seit Langem für klar benannte Vergabebedingungen, u.a. mit geregelten Ausbildungsquoten und Bedingungen beim Thema Sicherheit für fahrende Personale. Auch das sollte umfassend in einem Landestariftreue und Mindestlohngesetz verankert werden. Jobs im ÖPNV, SPNV und im Güterverkehr müssen für die Menschen eine attraktive Berufswahl mit Zukunft bedeuten. Dann gewinnt das System die dringend benötigten (Nachwuchs-)Fachkräfte. Die EVG hat Verkehrsminister ihre Unterstützung für einen Runden Tisch „Fachkräfteoffensive“ angeboten. 

Für die Attraktivität der Schiene spielt aus Sicht der EVG ein verlässlicher Fahrplan eine große Rolle. Die bisherigen Rahmenverträge mit DB Netz über die Sicherung von Trassen laufen derzeit aus; Taktfahrpläne könnten durch individuelle Trassenanmeldungen scheitern. Ziel muss es nun sein, dass Taktfahrpläne des Personenverkehrs und die Systemtrassen des Güterverkehrs dauerhaft abgesichert werden können. „Wir brauchen auch das Verkehrsministerium des Landes Baden-Württemberg als Verbündeten, um dieses zu erreichen“, stellte mobifair-Vorstand Dirk Schlömer fest, der an dem Termin teilnahm.

Mit seinen 21 Verkehrsverbünden mit SPNV-Integration hat das Land eine vergleichsweise kleinteilige Tarifstruktur. „Gerade hierbei sehen wir die Gefahr verwirrender Angebote für Reisende, Doppelarbeit für Beschäftigte und eines Zugangshemmnisses für Neukunden“, stellt Burkert fest. Trotz zunehmender Digitalisierung bleibe der personenbediente Verkauf/Beratung zwingend notwendig. 

Weitere Themen des Video-Meetings waren u.a. Verbesserungen im Fernverkehr, die zügige Elektrifizierung von Trassen im Rahmen der angepeilten Klimawende, Taktfahrpläne, die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes, Sicherheit und auch Ausbildungsstandards im Eisenbahnbereich. 

Unser Fazit: Der Ausbau des Bus- und Eisenbahnverkehrs ist wesentlicher Bestandteil eines notwendigen Umbaus des Verkehrssystems in Deutschland; für das Klima und die Menschen. Wir bieten als EVG an, unsere Erfahrungen mit einzubringen.