Zukunft der Arbeit und Zukunft der Gewerkschaften im Mittelpunkt der Eröffnungsveranstaltung

Die Zukunft der Arbeit und die Zukunft der Gewerkschaften – zwei Dinge, die zusammengehören. Sie standen im Mittelpunkt der Eröffnungsveranstaltung des 2. Ordentlichen Gewerkschaftstages der EVG.

Prof. Dr. Kerstin Jürgens

Kein EVG-Gewerkschaftstag ohne Novum. Erstmals überhaupt im Rahmen einer solchen Veranstaltung standen die Vorsitzenden aller DGB-Gewerkschaften gemeinsam auf dem Podium. Ihr gemeinsames Thema: Wie wappnen sich die Gewerkschaften und der DGB, um Beschäftigte auch in der Zukunft schlagkräftig vertreten zu können? Die Digitalisierung und veränderte Wertschöpfungsketten zwingen dazu, auch die Strukturen der Interessenvertretung stetig zu überdenken und anzupassen. Aber: nicht alles, was zu den Traditionsbeständen der Gewerkschaften gehört, ist deswegen überholt.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe und Alexander Kirchner

Den gesellschaftlichen Hintergrund hatte zuvor die Kasseler Soziologieprofessorin Kerstin Jürgens aufgezeigt. Tenor ihres Vortrags: Wir erleben einen Trend zur „Plattformisierung“ – Unternehmen suchen sich punktuell benötigte Arbeitskräfte über externe oder auch interne Plattformen, den Arbeitnehmer/innen wird immer mehr Flexibilität abverlangt, der Trend geht vom Arbeitsvertrag zum Auftrag. Gerade deshalb aber brauchen wir “Regeln und Rechte“, so die Soziologin. So sei die Ausweitung der Tarifbindung eine ganz zentrale Forderung. „Wir brauchen eine neue soziale Bewegung für die Regulierung von Arbeit.“ Daher müssten sich auch die Gewerkschaften stärker vernetzen und miteinander kooperieren. „Sie sind jetzt branchenorientiert aufgestellt, die digitale Ökonomie wird aber die Branchengrenzen überschreiten. Die Gewerkschaften müssen eine Kooperationsstrategie entwickeln.“

„Wir brauchen wieder den Menschen, den Kümmerer, der die Kolleginnen und Kollegen unterstützt, auch da, wo es keine klassischen Betriebe mehr gibt.“

Alexander Kirchner, Vorsitzender der EVG

Dieses Thema vertieften die Gewerkschaftsvorsitzenden in einem anschließenden „runden Tisch.“ Wir leben  Gemeinschaft – das, so der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner, gilt nicht nur für die EVG – sondern auch innerhalb des DGB. „Wir müssen näher an die Beschäftigten ran. Wir müssen uns öffnen und gucken, wie wir die Mitarbeiter besser erreichen - auch dort, wo es keine klassischen Betriebe mehr gibt.“ Wir brauchen, so Kirchner, „wieder den Menschen im Betrieb, der sich um die Kolleginnen und Kollegen kümmert, sie unterstützt und Vertrauen zu den Beschäftigten aufbaut.“

Auch Robert Feiger, Vorsitzender der IGBAU, ist es eine Notwendigkeit, sich neu aufzustellen. „Diejenigen, die Bauleistungen erbringen, kommen oft aus Osteuropa. Große deutsche Baukonzerne gibt es in Deutschland kaum noch. Wir müssen möglichst nah bei den Beschäftigen sein - die Menschen dürfen sich nicht abwenden.“

Für ver.di-Chef Frank Bsirske haben die DGB-Gewerkschaften bereits Fortschritte gemacht, z.B. durch die gemeinsame Position zum Thema Rente. IG Metall-Chef Jörg Hofmann forderte eine Debatte über Arbeit der Zukunft. „Wir haben einen Gestaltungsanspruch und wollen den Menschen in den Mittelpunkt stellen.“ Und der DGB-Vorsitzende Rainer Hoffmann bilanzierte, dass der DGB als Dachverband beim Thema Befriedung von Abgrenzungskonflikten und Moderation der Vernetzung von Gewerkschaften bereits viel erreicht hat.

Fazit: Die Zukunft der Arbeit und der Gewerkschaften hat bereits begonnen. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften haben vielleicht heute noch nicht die Lösungen für morgen. Aber die Herausforderungen sind erkannt und wir sind bereit, sie anzunehmen.